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Wechselspiel von Schatten und Licht

Gedenkkonzert in der Frauenkirche mit Werken von Joseph Haydn

Das musikalische Erinnern an die Zerstörung Dresdens 1945 ist ein intensiver Weg des Gedenkens, der einhergeht mit der Reflektion über eine dem Anlass angemessene Musik. In der Frauenkirche kommt noch die besondere Atmosphäre des Ortes hinzu, und jeder Besucher bringt seine eigene Geschichte an diesen Ort mit. Im Gedenkkonzert am Sonnabend mögen nicht unbedingt viele Dresdner gewesen sein, aber dennoch stellte sich die ernste, aufrichtige Atmosphäre schon allein durch die besondere Werkauswahl ein.

Zwar ist eine Messe und eine Sinfonie per se keine Trauermusik, und bei Joseph Haydn könnte man vielleicht nicht im allerersten Bezug auf tiefen Ernst kommen, doch darin lag gerade der Reiz des Programmes. Frauenkirchenkantor Matthias Grünert musizierte zunächst mit dem „ensemble frauenkirche“ die 26. Sinfonie d-Moll „Lamentatione“, die ihren Namen auf den im 2. Satz zitierte gregorianische Weise des „Incipit Lamentatio Jeremiae Prophetae“ gründet. Grünert schliff die Interpretation vom Cembalo aus und zeigte deutliche Kontraste, die auch die Ausdrucksebenen jenseits von Ernst und Trauer beleuchteten.

Als Wechselspiel von Schatten und Licht ist auch Haydns Messe C-Dur, die Paukenmesse, begreifbar. Kurze innige Solopassagen wechseln hier mit aufgeregten Chorszenen, in denen selbst immer wieder Stockungen, Emphasen und lichte Momente einkomponiert sind. Grünerts Verdienst ist eine abwechslungsreiche Darstellung dieses Werkes, das sich mit dem aufblitzendem „Et Resurrexit“ und dem auch in dieser Aufführung als Befreiung musizierten „Dona Nobis Pacem“ schließlich ganz bejahend dem Leben zuwendet. Der Kammerchor der Frauenkirche gestaltete den markanten Beginn, ein von Grünert äußerst flott genommenes Gloria und auch das Agnus Dei eindringlich, konnte sich aber in wortreichen Tutti-Passagen zu wenig über das Orchester erheben. Birte Kulawik (Sopran), Ulrike Zech (Alt), Eric Stokloßa (Tenor) und Matthias Weichert (Bass) gestalteten ihre Soli angemessen, lediglich in den Quartetten wäre mehr Agogik und Verschmelzung vorstellbar gewesen.

Der Friedensbitte in Haydns Messe folgte schweigendes Gedenken im Publikum, und die schöne, wiederkehrende Erkenntnis, dass Musik, in solch guter Interpretation dargeboten, uns wohl in adäquatester Weise mit den eigenen Emotionen und Gedanken zu diesem Tag verbinden mag.

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