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Zu viele Unstimmigkeiten

Global Ear präsentiert zeitgenössisches Musikprojekt in Hellerau

Den Hintergrund des Konzertes mit zeitgenössischer Musik namens „Blick durch das Teleskop“, das am Sonntagabend im Festspielhaus Hellerau stattfand, zu erklären, fällt einigermaßen komplex aus: „temp‘óra“ nennt sich ein neues europäisches Begegnungs- und Austauschforum für zeitgenössische Musik mit Sitz in Bordeaux. Eines der ausgeschriebenen Projekte war ein länderübergreifendes Konzert mit drei Ensembles zeitgenössischer Musik, das quasi als „Mini-Festival“ derzeit in mehreren Städten tourt und dabei an jeweils einen Komponisten pro Ensemble ein Auftragswerk vergibt. In Hellerau machte das Projekt nun als Teil der etablierten Konzertreihe „Global Ear“ Station.

Abgesehen von der an sich schönen Tatsache, dass man von drei Ensembles aus Frankreich, Spanien und Deutschland Musik von gleich acht Komponisten zu hören bekam, konnte dieses Projektkonzert allerdings kaum überzeugen. Von gutmeinenden Fördermittelgebern in die Welt gesetzt, erzeugte das Projekt zwar neue Werke und Interpretationen, aber darüberhinaus will sich kein tieferer Sinn erschließen, denn die beteiligten Ensembles demonstrierten ebensowenig einen Austausch, wie die Werke in irgendeiner Weise zusammengehörig waren oder einen thematischen Faden aufwiesen – sie hätten auch für jedes andere Konzert entstehen können.

Wenn dann noch das eingekürzte (!), dennoch auch für geübte Hörer sehr anstrengende Programm über zwei Stunden dauert, sich dabei bedauernswerte zwei Dutzend Zuhörer im Festspielhaus verlieren, die Interpretationen nicht schlüssig sind und bei den Komponisten teilweise Anspruch, Können und Wirkung auseinanderklaffen, darf man von einem gescheiterten Projekt reden. Ein einziges Werk, nämlich „3100 Gramm“ des Dresdner Komponisten Carsten Hennig, wurde etwas intensiver vorgestellt, bei allen anderen grub man sich durch wenig erhellende Programmhefttexte. Man wunderte sich, denn gerade die Reihe „Global Ear“ hat in den letzten Jahren vorgemacht, dass zeitgenössische Musik in stimmigen Programme und mit kluger Darbietung durchaus salonfähig ist – dies war aber ein Rückfall, der die Zuhörer ratlos zurückließ. Die Musiker der drei renommierten Ensembles „unitedberlin“ (Berlin), „Proxima Centauri“ (Bordeaux) und „Nuevo Ensamble“ (Badajoz) waren engagiert dabei, lediglich das französische Ensemble konnte mit einer undifferenzierten Spielhaltung nicht überzeugen.

Positiv heraus stachen Werke von Elena Mendoza, bei deren „Nebelsplittern“ Form und Material konzentriert und spannungsvoll eingesetzt war, und Samir Odeh-Tamimis „Shattila“, das einen extremen Ausdruck so sehr in den Vordergrund platzierte, dass man allein von der plötzlichen Deutlichkeit des Stückes im Kontext des Konzertes angenehm schockiert war. Andere arbeiteten da mit antiquierteren Konzeptionen und Materialien, die man so oder ähnlich schon oft gehört hat, auch der Einsatz der Elektronik in den französischen Beiträgen schien fast modisch bedingt – eine Bereicherung jenseits der Phonstärke war hier nicht festzustellen. Insgesamt war dies qualitativ zu wenig und davon in der Summe leider zu viel.

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Veröffentlicht in Rezensionen

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