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Starke Kontraste

Christian Münchs Requiem-Uraufführung „bleiben“ in der Auferstehungskirche Dresden-Plauen

Musik erklang beim Kirchentag in Dresden bereits an vielen Orten, unzählige Chöre und Instrumentalisten zeigten die breite Vielfalt geistlicher Musik in organisierten und spontanen Konzerten. Die Auseinandersetzung mit dem Glauben oder einer weit gefassten Spiritualität interessiert auch zeitgenössische Komponisten, umgekehrt gibt es gerade zu ambitionierten kirchlichen Musikveranstaltungen ein offenes Publikum, das bereit ist, sich auch mit neuen, ungewöhnlichen Klängen auseinanderzusetzen.

So war es auch in der Auferstehungskirche Dresden-Plauen am Donnerstagabend, Ort der Uraufführung eines neuen Werkes des Dresdner Komponisten Christian Münch. Das Vokalensemble „AuditivVokal“ (Leitung Olaf Katzer), diesmal mit sechs Frauenstimmen besetzt, Blechbläser überwiegend aus der Musikhochschule Dresden, sowie Reimund Böhmig-Weißgerber an der Orgel sorgten für eine eindringliche Interpretation des Stückes – zuvor hatte Lydia Weißgerber mit George Crumbs Orgelwerk „Pastoral Drone“ (1982) quasi ein musikalisches Vorwort gegeben – klar umrissene Klangflächen und bewegte Splitter über gehaltenen Fundamentaltönen formten eine volltönende Einleitung.

Christian Münchs Komposition „bleiben“ läßt sich als moderne Requiem-Variante verstehen – das Festhalten an der Liturgie und den althergebrachten Formen ist da obsolet, wo Münch durch eindeutige Strukturierung und eine emotional stark wirkende Musiksprache sich der Region der Totenmesse neu annähert und sie persönlich interpretiert. In wechselnden Besetzungen mit dem kleinen Frauenchor (der fast ausschließlich auf textlos auf Vokalisen sang und somit zu einem eigenen Instrument verschmolz), den Bläsern und der Orgel, dazu in changierenden Raum- und Lichtanordnungen entstanden abgegrenzte, blockhafte Abschnitte, die eher diskurshaft eine Klanglichkeit umkreisten, oft mit Wiederholungen oder Zu- und Abnahme der musikalischen Dichte versehen.

Zu Boden fallende schwere Eisenkugeln waren das wohl bildhafteste Element des Werkes und erzeugten in der Parallelität mit den fast körperlos schwebenden Frauenstimmen eine ungeheure Wirkung. Insgesamt entstanden extreme Wahrnehmungen von Länge, Lautheit und Intensität und damit genau eine „bleibende“ Erinnerung starker Kontraste. Und um nichts anderes ging es Münch: Musik zu schaffen, die über Zeiten und Befindlichkeiten hinaus gilt und tönt. Letztlich war diese von allen Musikern mit höchstem Können ausgeführte Interpretation auch eine sehr persönliche Auseinandersetzung mit Kunst und Gegenwart im geistlichen Raum, die Freiraum ließ für eigene Gedanken, dafür gab es am Ende großen Beifall.

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