„Lange Nacht der Kammermusik“ beim Moritzburg Festival
Ein bißchen irreführend ist der Titel ja schon: Die „Lange Nacht der Kammermusik“ beim Moritzburg Festival war schon um kurz vor 23 Uhr beendet, nach nicht einmal vier Stunden Dauer. Doch das Konzert mit den jungen Akademisten ist ohnehin bei den Zuhörern fester und beliebter Bestandteil des Festivals und dank ausreichender Weingabe und Pausen gerät der Abend so gesellig wie es die Griechen einst im Symposion vorexerzierten.
Dazu gehört natürlich musikalischer Diskurs, und hier sind es schon die nüchternen Daten, die faszinieren: Studenten aus 15 Ländern spielten 15 verschiedene Werke von Komponisten aus vier Jahrhunderten in Besetzungen vom Duo bis zum Tentett. Eine Bewertung dieser Leistung kann nicht die eines normalen Konzertes sein, denn hier trafen Talente aufeinander, die gerade mal nach einer Woche „Beschnuppern“ gestandene Kammermusik im Konzert interpretieren sollten, und das neben allen anderen Engagements, die sie während des Festivals erwartet. Daher prognostizierte Intendant Jan Vogler zu Beginn auch einen „freundschaftlichen Wettstreit“, und der war vor allem kurzweilig, dabei aber immer von hohem Anspruch getragen.
Es ist unmöglich, alle Stücke und Interpreten aufzuzählen; in der Kirche von Moritzburg gaben sich Mozart und Dvorak, Haydn und Strauss ein Stelldichein. Einige Perlen gab es zu entdecken, wie etwa Anton Reichas munteres Bläserquintett oder das „Kaiserquartett“ von Joseph Haydn. Hier wie in vielen anderen Formationen war auch schon zu bemerken, dass über das reine Interpretieren der Noten hinaus der kammermusikalische Gedanke immer im Vordergrund stand. Obwohl man an vielen Instrumenten große individuelle Talente bemerkte, stellten sich doch alle Musiker in den Dienst der gemeinsamen Sache.
Bei den Proben erforderte dies auch logistisches Know-How, denn einige Musiker waren in bis zu drei verschiedenen Besetzungen vertreten. Das hohe Niveau setzte sich fort in Quartettkompositionen von Mozart und in dem aufmerksam musizierten Streichsextett aus „Capriccio“ von Richard Strauss. Den Atem hielt man an, als „Chant de Linos“ von André Jolivet erklang – Jared Harrisons (Flöte) fliegende Arabesken reihten sich aber mühelos in den Satz aus Streichtrio und Harfe ein – für mich war dies einer der Höhepunkte im Konzert.
Eine schöne Abwechslung bildete die von Jazz und Chanson inspirierte Musik von Bohuslav Martinu (aus „La Revue de Cuisine“) und Jean Francaix („Musique pour faire plaisir“). Diese Stücke wurden dann auch beim abschließenden Publikumspreis, der vom Förderverein des Festivals gestiftet wurde, auf den vorderen Plätzen erwähnt, das Rennen allerdings machte ein klangvoll und homogen interpretierter Satz aus dem Streichquintett G-Dur von Antonin Dvorak und das einzige Duo des Abends – ein Satz aus der Violinsonate von Richard Strauss, mutig von Armen Derkevorkian (Violine) und Hunter Noack (Klavier) in Szene gesetzt.
[Nachtrag vom 12.8.2011]
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