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Pergolesi aufgehübscht

1. Aufführungsabend der Staatskapelle mit Werken von Auerbach und Beethoven

Frische Klänge dringen dieser Tage aus dem Semperbau, denn die Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden starten ebenso wie das Gesangsensemble und das Ballett in die neue Konzertsaison. Das Orchester war zum ersten Mal am Mittwoch im 1. Aufführungsabend zu erleben. Die Aufführungsabende gehören zur vom Orchester selbst veranstalteten Kammermusik und ergänzen die großen Sinfoniekonzerte um spannende, kleiner besetzte Entdeckungen des Repertoires, musiziert unter Beteiligung von Solisten aus dem Orchester und jungen Dirigiertalenten. So war auch es auch in diesem Konzert. Der erst 22jährige usbekische Dirigent Aziz Shokhakimov hatte zunächst die besondere Aufgabe, dem Publikum ein Werk der neuen Capell-Compositrice Lera Auerbach vorzustellen: Die 37jährige russisch-amerikanische Komponistin weist eine rasante Biographie auf, schrieb im Alter von 12 Jahren ihre erste Oper und man nimmt wahr, oft die Worte „Karriere“ oder „Erfolg“ mit ihr in Verbindung zu lesen, was für Komponisten allerdings selten als Erklärung für Meisterschaft herhalten sollte.

Auerbach, die bald drei neue Auftragswerke in Kapell-Konzerten vorstellen wird, führte sich mit den 2005 entstandenen „Dialogues on Stabat Mater“ ein. Das Werk ist eine instrumentale Übertragung des berühmten geistlichen Werkes von Giovanni Battista Pergolesi zu einer Art Concerto Grosso. Leider blieb der Eindruck blass, zuweilen sogar verstörend. Das Original hätte mehr fasziniert, denn Auerbach verwischte und bearbeitete lediglich einige Kadenzen und Sequenzen, fügte hier und da dramatisch scheinende Cluster und ein solistisches Stimmungs-Vibraphon hinzu, während Solo-Violine und Viola mal die Gesangspartien ersetzten, mal die Sequenzen dramatisierten. Diese instrumentale Aufhübschung traf sicher den Publikumsgeschmack, war aber von einer intensiven, zeitgenössischen Äußerung einer im Stil auch wahrzunehmenden Komponistenstimme (wie es unlängst Isabel Mundry mit den eindrucksvollen „Scandello-Verwehungen“ gelang) meilenweit entfernt. Eine Neukomposition eines „Stabat Mater“ hätte vermutlich andere Ergebnisse hervorgebracht als diese simplen Schmerzbilder, die die Komponistin hier unter Hinzufügung einiger Dissonanzen einarbeitete.

Shokhakimov, die Solisten Jörg Faßmann, Sebastian Herberg und Christian Langer und das Orchester setzten sich sehr engagiert für das Stück ein, allerdings stellte die oft romantisiert aufgeladene Interpretation ein weiteres Problem zwischen den Zeiten dar. Es wäre schade, wenn die Partnerschaft mit dem KlangNetz Dresden, die die Einrichtung des Capell-Compositeurs begründete, nun mit dem Schielen nach der bequemen Quote ausliefe, anstelle mit Mut zur Auseinandersetzung gewichtigen Komponistenstimmen der Gegenwart ein Podium zu bieten.

Nach der Pause leitete Aziz Shokhakimov die 1. Sinfonie C-Dur von Ludwig van Beethoven und unterstrich mit selbstbewusster und gewitzter Interpretation sein Talent. Der 1. Satz war nach schöner Einleitung transparent und munter musiziert, das Andante gelang sorgfältig. Scherzo und Finale waren von rasanter Lesart, doch Shokhakimov konnte sich der jederzeit auf den Punkt musizierenden Kapelle gewiss sein. So entstand ein feuriges Spiel mit zahlreichen nach Mannheim grüßenden „Raketen“ im letzten Satz – Shokhakimov wurde dafür mit Recht vom Publikum gefeiert.

(27.8.11)

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