„Briefmarkenopern“ an der Musikhochschule Dresden
Bereits zum zweiten Mal präsentierte die Kompositionsklasse von Prof. Manos Tsangaris an der Musikhochschule Dresden „Briefmarkenopern“. Auch wer nicht dabei gewesen ist, wird anhand des Begriffes entschlüsseln, was sich auf der Bühne des Konzertsaales abgespielt haben könnte: Briefmarken zwingen zum genauen Hinsehen, zur Wahrnehmung der Kunst in der Miniatur.
Nun mag zwar die Oper als abendfüllendes, alle darstellenden Künste in Beschlag nehmendes Genre dem widersprechen, doch auf dem Gebiet des zeitgenössischen Musiktheaters ist hier manches möglich: schon das kleine Programmheft spricht von „Akteuren“ und „Passanten“ spricht, wenige Akteure und Musiker schweißen klare Situationen zusammen, die mit der Stimme, der Taschenlampe oder eben dem sprichwörtlichen Holzhammer erzeugt werden. Manos Tsangaris wunderte sich in der Begrüßung über den regen Publikumszuspruch zur Kaffeestundenzeit am Sonnabendnachmittag – nach dem Konzert darf man feststellen, dass die 50 Minuten Briefmarkenopern mindestens zwei Kännchen aufwiegen – frisch und wach fühlt man sich nach diesen kurzweiligen Szenen. Es sind Musikwerke, die offensiv das Skizzenhafte ausstellen, im Experiment oder im Offenen feststecken, sich dabei im Einzelfall sogar zum geglückten musikalischen Ausrufezeichen wandeln.
Völlig ohne Belang war dabei, ob die Stücke alleine für sich im Kämmerlein entstanden sind oder Bezüge zueinander aufwiesen, allein die entschiedene Anordnung schuf Kontraste, Dramatik oder Beruhigung. Inwendige Kunstbetrachtung („ART-IST in everyday life…“) von Lorenz Grau stand hineingenommener Außenwelt („Straßenmusik“ von Martin Baumgärtel) ebenso unvereinbar gegenüber wie wirkliche Mini-Oper („The Cask of Amontialldo“ nach Edgar Allan Poe von Michael Hiemke) und falsche Idylle („Da Tebel is gewest“) von Nicolas Kuhn.
Dazwischen gab es Licht-Spiele in den Bullaugen des Konzertsaales, einen von Klavier-Clustern regelrecht geohrfeigten Monolog von Eleftherios Veniadis und – plötzlich – ein Kammermusikwerk, das sich schüchtern wie aus dem Ei pellt und Hinhören verlangt: Neele Hülckers „Kleine Dinge“, gespielt von Susanne Stock am Akkordeon. war der feine konzertante, vielleicht auch augenzwinkernd reflektierende Seitenblick in die Nebenwelt des Konzertsaales, der hier so wunderbar aufgelöst und neuerfunden schien – Fortsetzung erwünscht!
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