Wagner, Mendelssohn Bartholdy und Brahms mit der Dresdner Philharmonie im Albertinum
Wagner-Freunde hatten am Sonnabend die Qual der Wahl, und würde der Komponist noch leben, er hätte mit der Kutsche eilen müssen: nahezu zeitgleich erklangen des Meisters Werke in der Staatsoper, im Albertinum und im Hygienemuseum. Die Dresdner Philharmonie hatte in ihrem 11. Konzert im Albertinum Wagners Ouvertüre zur Oper „Rienzi“ auf das Programm gesetzt – im letzten Konzert vor der Sommerpause am 6. Juli wird dann gemeinsam mit René Pape ein reiner Wagner-Abend zelebriert.
Chefdirigent Michael Sanderling gesellte Wagner Mendelssohn und Brahms zur Seite – der Verbindung, die sich in der Historie und den Biografien offenbart steht die Einzigartigkeit der Musik aller drei Komponisten gegenüber. Überdies war man gespannt, ob die durchweg bekannten Stücke neue Hörerfahrungen ermöglichen würden. Das war aber bereits bei der Ouvertüre der Fall: Sanderling wählte einen fast samtigen Klang für den Beginn und formte aus innerer Ruhe heraus eine überaus geschlossene Interpretation, bei der ein warmer, sauberer Klang der Blechgruppe faszinierte und das Ausspielen der Phrasen Priorität hatte ohne dass der Fluss verlorenging.
Einen ganz anderen, aber ebenso frappierend überzeugenden Eindruck hinterließ das Violinkonzert e-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy. Wo andere Geiger mit sattem Schmelz zu glänzen versuchen, traute sich die Solistin Alina Pogostkina einiges: sie befreite das Konzert von allem Straß und Kitsch, startete mit der ersten Melodie fast so unschuldig wie ein Kinderlied, um nach und nach dem Lyrismus des Werkes auf den Grund zu gehen. Obgleich sie den ersten Satz in viel Legato kleidete, blieb ihr Ton immer schlank und überlegt, damit zwang Pogostkina die Zuhörer zum Hinhören. Sie verinnerlichte selbst die Kadenz des 1. Satzes und legte nach dem liedhaften zweiten Satz den fröhlichen Ausklang so gewissenhaft an, dass man sich ihrer freundlich-bestimmten Navigation kaum entziehen konnte.
Da war Aufmerksamkeit im Orchester vonnöten: Sanderling und die Musiker fielen fast ehrfürchtig in einen zuhörenden Modus, in der die Solistin sensibel kommentiert wurde. Diese Interpretation war mutig und selbstbewusst zugleich, hob sie Mendelssohn doch einmal auf ein intellektuelles Niveau, dessen Basis eine ganz andere, interessante Klanglichkeit ermöglicht. Eine Bereicherung war ebenfalls das „Recitativo und Scherzo Caprice“ von Fritz Kreisler, mit dem sich Pogostkina für den Applaus bedankte.
Zum Abschluss durften sich die Dresdner wieder einmal auf die 1. Sinfonie von Johannes Brahms freuen – in den „Charts“ der die Kulturstadt mit Musik versorgenden Dirigenten scheint sie sehr weit oben zu stehen. Sanderlings Interpretation betonte die Eigenheiten der vier Sätze, viel Flexibilität und Emotion lag in seinem Dirigat, das den ersten beiden Sätzen eine gewisse Gemessenheit verlieh, das Allegro im 1. Satz war von insistierender Präsenz, ohne dass die Spannung hochdramatische Züge bekam. Diese hob sich Sanderling für den Finalsatz auf, wo die impulsive Betreuung zwar risikoreich war, aber die Philharmoniker eben auch zu besonderer Intensität aufforderte. Mit schönen Soli in der Violine und im Horn gelang insgesamt eine gute Interpretation, die weniger auf den großen Wurf aus war, denn auf die Finessen der Klangkombination und Spannungserzeugung.
Kommentaren