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Farben, Lichter, Schatten, Tänze

Håkan Hardenberger gastierte in der Frauenkirche

Der schwedische Trompeter Håkan Hardenberger scheint sich in Dresden wohl zu fühlen – bereits zum dritten Mal gastierte er im Frauenkirchen-Konzert und war ebenso schon Gast der Staatskapelle und der Philharmonie. Die Bravo-Rufe am Ende des Konzertes am Sonnabend lassen vermuten, dass sich in Dresden längst eine Fangemeinde gebildet hat. Die Zustimmung des Publikums, zollte sie der höchsten Kunst Respekt, die Hardenberger seit 30 Jahren auf seinem Instrument zeigt. Zudem freute man sich über ein abwechslungsreiches Programm, das einen Bogen von Johann Sebastian Bach zur Moderne schlug. Der Brite Jonathan Scott war Hardenbergers Partner an der Orgel – die Stücke waren so ausgewählt, dass man das ganze Ausdrucksspektrum beider Instrumente bewundern konnte.

Der barocke Teil des Konzertes gelang allerdings nicht so souverän wie der folgende mit Werken des 20. Jahrhunderts. Gleich zu Beginn bewältigte Hardenberger einen exorbitanten Solopart in der Bearbeitung des Cembalokonzertes A-Dur BWV 1055 – welches ohnehin schon eine Parodie eines Oboe d’Amore-Konzertes des Meisters ist. Ob Bach in einem Originalwerk Mut zu einem solchen Trompetenpart gehabt hätte? Die Interpretation fiel nicht ganz befriedigend aus, vor allem irritierte die etwas atemlose Vorwärtsbewegung der Ecksätze durch Scott an der Orgel. Das folgende Solowerk, Präludium und Fuge a-Moll BWV 543, wirkte ebenso hektisch und wies einige agogische Mängel auf. Die Aufregung, die Scott Bach zuteil werden ließ, konnte kein transparentes, auf metrischem Puls basierendes Spiel ermöglichen.

Mit einem kurzen, zur Beruhigung beitragenden Choralvorspiel leiteten Hardenberger und Scott in zeitgenössische Gefilde über. In Werken der französischen Komponisten Henri Sauguet („Non morietur in aeternum“) und Thierry Escaich („Tanz-Fantasie“) zeigte Hardenberger ein sehr ausdifferenziertes Spiel. Sanft ausgeführte Motive wirkten wie ein stilles Singen; man glaubt sofort, wenn Hardenberger einmal bemerkte, seine Trompete sei „wie ein Körperteil“. Nur zu bewundern ist seine völlig selbstverständlich und leicht anmutende Virtuosität quer durch alle Lagen. Ein und derselbe Ton kann bei ihm von schneidend heller Strahlkraft bis hin zu sanftester Ansprache zigfache Nuancen aufweisen. Die aus tiefsten Lagen sich nach und nach entwickelnden Arabesken in Escaichs Komposition waren immer federleicht, vom Boden seltsam abgehoben.

Am Ende des Konzertes stand ein großes zyklisches Werk, das mit hohem Anspruch beide Instrumente in einen permanenten, spannenden Dialog führt. „Okna“ („Fenster“) des tschechischen Komponisten Petr Eben nähert sich in Tönen vier von Marc Chagall gestalteten Synagogenfenstern. Fast greifbar wurde hier das Spiel mit Licht und Schatten und die geistlichen Szenarien der Fenster erschienen lebendig. Jonathan Scott und Håkan Hardenberger waren in dieser Musik ideale Partner und inspirierten sich gegenseitig. Bei der Zugabe schließlich durfte man sich nur noch im Klang baden: Astor Piazzolla, herausragend und innig gespielt.

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