Mozart, Schönberg und Dvořák im Moritzburger Schloss
Halbzeit beim Moritzburg Festival – das zweite Wochenende wurde mit einem Konzert im Monströsensaal des Schloss Moritzburg beendet. Und dieses Konzert war bestens dazu geeignet, den besonderen Reiz des Festivals wahrzunehmen – drei Stücke aus verschiedenen musikalischen Welten treffen auf insgesamt elf sehr versierte Instrumentalisten. Der Abend wird intensiv, keinesfalls eintönig und am Ende pendelt man nachhörend zwischen den Stücken und stellt Bereicherung fest. Dabei ist Diskurs und Widerspruch nicht verboten – gleich das erste Stück des Abends war ein kleines Wagnis, dabei war es „nur“ Mozart.
Statt eines Originalwerks präsentierten die Musiker eine Suite aus der Oper „Le Nozze di Figaro“, bearbeitet für Streichquartett von einem anonymen Zeitgenossen. Einen bunten Strauß von Melodien gab es da und Kai Vogler am ersten Pult „sang“ mit der Geige vortrefflich die berühmten Arien. Selten einmal befreite die Partitur Peter Bruns am Cello von seiner Harmoniefunktion und schenkte ihm eine Kantilene. Benjamin Schmid und Nils Mönkemeyer steuerten ihren Part souverän bei, um eine glanzvolle, manchmal augenzwinkernde Interpretation dieser doch der Hausmusik nahestehenden Bearbeitung zu erzeugen.
In unstete musikalische Welten ging es mit dem zweiten Stück – das 2. Streichquartett von Arnold Schönberg ist eine Gratwanderung zwischen Spätromantik und dem Expressionismus der freien Tonalität, Fin de siècle und l’art pour l’art geben sich ein Stelldichein. Vor allem aber ist das Stück ein klangsinnlicher Kosmos, in dem die Interpreten vielerlei Spannungszustände durchleben. Leider konnte man nicht ganz zufrieden sein mit der Interpretation – Alexander Sitkovetsky, Mira Wang, Benjamin Rivinius und Jan Vogler arbeiteten hart und höchst aufmerksam an den Klängen, nur ein wirklich tragender Ensemblefluss wollte nur phasenweise aufkommen. Vor allem im ersten Drittel des 1. Satzes fanden die Musiker auch intonatorisch nicht zueinander, mancher Tempoübergang hätte Geduld und Kraft vertragen können, um das Stück nicht zu selbstverständlich wirken zu lassen. Die Sopranistin Juliane Banse gliederte sich in sicherem Fahrwasser und schönem Ausdruck mit den Dehmel-Gedichten im 3. und 4. Satz zunächst gut ein, sorgte aber mit einem inadäquat dramatisierten Höhepunkt am Ende der „Litanei“ für Irritation. Noch mehr Ruhe und Staunen hätte der 4. Satz vertragen können, wo die „Luft von anderen Planeten“ von Banse und dem Quartett doch eine Spur zu flüssig geriet.
Weltenwechsel nach der Pause: Antonín Dvořáks Klavierquintett A-Dur ist quasi die linke Spur auf der Kammermusikautobahn – hier gibt es keine Schotterpisten und Serpentinen, und das böhmische Temperament sorgt durchweg für positive, sorgenfreie Stimmung. Melodienselig, aber auch mit dem Bewusstsein für eine korrekte und gleichzeitig spritzige Form schüttet Dvořák hier ein Füllhorn an Ideen aus. Kai Vogler, Mira Wang, Benjamin Rivinius, Christian Poltéra und Antti Siirala am Klavier hatten sichtlichen Spaß an der Aufführung, die in allen Sätzen von sehr guter und schwungvoller Tempogebung vor allem durch Vogler und Siirala lebte und in der immer wieder aus der Ruhe heraus packende Steigerungen entstanden. Das war zum Abschluss des Konzertes ein kammermusikalischer Hochgenuss, der nur begeistern konnte.
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