Paul-Heinz Dittrich und Marek Kopelent im Konzert der Sächsischen Akademie der Künste
Auf den ersten Blick wirkt der akademische Titel einer Konzertreihe der Sächsischen Akademie der Künste nicht unbedingt einladend, dabei beschreibt die Formulierung „Binationales Gesprächskonzert“ doch recht eindeutig, was man zu erwarten hat. Das Konzept verspricht Erhellung, wenn nicht gar Spannung: ein deutscher Komponist lädt einen anderen ein, beider Musik wird „aufeinander losgelassen“, allerdings nicht im Wettstreit, sondern im friedlichen Nebeneinander, was Korrespondenzen und Kontraste ermöglicht.
Hochwasserschadenbedingt konnte die neueste Auflage dieser Reihe nicht im Saal des Blockhauses am Neustädter Markt stattfinden und wich in den Konzertsaal der Hochschule aus – ohnehin ist die Akademie im dort residierenden KlangNetz Dresden eingebunden. Der Berliner Komponist Paul-Heinz Dittrich (*1930) hatte einen Weggefährten seiner Generation aus Tschechien eingeladen: Marek Kopelent (*1932). Beiden Komponisten gemeinsam ist eine große biographische Zeitspanne in einem sozialistischen Staat, was sich in der künstlerischen Arbeit niederschlug, aber eben auch zu Begegnungen führte.
Das Dresdner Ensemble courage stellte insgesamt fünf Kompositionen vor, wobei Dittrich das Programm mit zwei längeren Stücken umrahmte. Die engen Bezüge beider Komponisten zur Literatur waren in einem Motto „Klangtexte“ zusammengefasst. Paul-Heinz Dittrich benutzt für die Vertonung ihm naher Texte keine Singstimmen, gleich das zu Beginn von Frank Gutschmidt mit großem Verständnis und Können aufgeführte Klavierstück „Gegenbild“ entwirft eine opulente Instrumentalwelt, die zwar Paul Celan als Sujet ins Felde führt, aber am Ende doch ebensogut ohne Sujetnennnung auskäme, ein direkter Bezug ist im Hören kaum nachvollziehbar. Sein Kollege Marek Kopelent bekennt sich im Gespräch dann auch fast entschuldigend zur Zuhilfenahme des Wortes und der das Wort formenden menschlichen Stimme.
Dennoch fallen seine Vertonungen nicht klassisch aus, sind eher gedrängt im Ausdruck, zwischen hervorbrechender Emotion und überraschender Wendung pendelnd, dabei eben auch poetische Klangwelten erkundend. Das brachte courage sowohl in „En el dia que tempo“ als auch in „Chant du merle au détenu“ mit der Solistin Dorothea Winkel gut heraus, etwas Potenzial bestand allerdings noch in der auch für den Ausdruck wichtigen Pronouncierung der jeweiligen Sprache. Antje Thierbach (Oboe) überzeugte weiterhin mit einem Solowerk von Kopelent namens „London spring greeting“ – vom Komponisten sehr subtil eingesetzte Klangfarben wusste Thierbach zu spannendem Vortrag umzusetzen. Das Konzert ging mit Dittrichs „Kammermusik X – Journal des Pierres“ nach Ossip Mandelstam zu Ende.
Bereits im Gespräch wussten Moderator Jörn Peter Hiekel und der Komponist nicht so recht über die Nennung des Begriffs der Komplexität hinaus Antworten zu den Stücken zu geben. Dass die Materialschlacht in Dittrichs recht strenger Faktur leider doch oft ermüdend wirkt und trotz Bekenntnis kaum einmal zum Dichter dringt, war eine ernüchternde Erkenntnis des Konzertes. Vielleicht hätte ein Gespräch, dass stärker die Intentionen und Strukturen der vorgestellten Stücke beider Komponisten beleuchtete, erhellender gewirkt.
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