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Intensiver Einstand

Neuer GMD Raoul Grüneis dirigierte 1. Sinfoniekonzert in Freiberg

In Freiberg wurde nach einem Theatertag zum offenen Denkmal nun die neue Theater- und Konzertsaison mit dem 1. Sinfoniekonzert der Mittelsächsischen Philharmonie eröffnet. Auf die erste Musiktheaterpremiere, „Gräfin Mariza“, wird man indes noch warten müssen, da im Theater Döbeln weiterhin Hochwasserschäden beseitigt werden. Das Sinfoniekonzert wurde mit Spannung erwartet, denn es war das Antrittskonzert des frisch im Amt befindlichen neuen Generalmusikdirektors Raoul Grüneis (49). Sein Vorgänger Jan Michael Horstmann ist nach zehn Jahren an die Landesbühnen Sachsen als Operndirektor gewechselt; der aus Würzburg stammende Grüneis dirigierte bereits in der letzten Saison ein zur Ausschreibung gehöriges Konzert.

Grüneis war zuletzt an der Staatsoper Istanbul tätig, vordem auch schon in Oldenburg und Regensburg. Grüneis plant in Freiberg eine Konzertsaison, die sowohl ein klassisches Programm mit Haydn, Mozart und Beethoven vorsieht, als auch einige Überraschungen bietet: so darf sich das Freiberger Publikum freuen, türkische Musik für den Konzertsaal kennenzulernen, der Moderne steht Grüneis ohnehin sehr offen gegenüber. Das 1. Sinfoniekonzert, wenngleich etwas schwach besucht, hatte reichlich Höhepunkte zu bieten und bot ein deutsch-französisches Programm des 19. und 20. Jahrhunderts.

Das Orchester durfte in voller Besetzung antreten und zeigte sich bestens motiviert. Umrahmt wurde das Konzert vom Jubilar Richard Wagner – dem Vorspiel zu „Lohengrin“ gab Grüneis nach dem umjubeltem Schluss des Konzertes noch das Vorspiel zum 3. Akt als Encore hinzu. Schon im Lohengrin-Vorspiel zeigte Grüneis Willen zur Deutlichkeit und die Bevorzugung gut angelegter musikalischer Linien, die das Orchester selbst zur Klangentfaltung brachte. Schön, dass auf diese Weise Wagners Musik sowohl frisch als auch mit Anspruch musiziert wirkte.

Im Mittelpunkt des Konzertes stand ein sehr intensives Musikerlebnis mit dem Solisten Isang Enders – der junge Cellist, der im Alter von 20 Jahren bereits Konzertmeister bei der Staatskapelle Dresden wurde, brillierte nicht mit einem Repertoirestück, sondern erinnerte mit einer fabelhaften Aufführung des Cellokonzertes „Tout un monde lontain“ an den kürzlich im Alter von 97 Jahren verstorbenen Komponisten Henri Dutilleux. Gewichtiges hat Dutilleux in fünf Sätzen zu sagen – Enders war immer wieder ein inspirierender Klanggeber und stand in stetigem aufmerksamen Dialog mit dem Orchester, das die schwere Partitur unter Grüneis Leitung konzentriert und farbschillernd umsetzte. Sicher – für viele Zuhörer war dies eine fremde Welt, aber eine, die in dieser vom Solisten völlig souveränen Umsetzung nur faszinieren konnte. Mit einem empfunden vorgetragenen Satz aus der Solosuite von Benjamin Britten bedankte sich Isang Enders für den Applaus – damit war auch der zweite Jubilar des Jahres berücksichtigt.

Nach der Pause sorgte Grüneis für einige Entspannung mit den ersten beiden Sätzen der „Trois Nocturnes“ von Claude Debussy – dass die „Sirènes“ vermutlich mangels verfügbarem Frauenchor entfielen, fiel angesichts der schön austarierten und mit großer Ruhe gestalteten Interpretation der „Nuages“ nicht ins Gewicht. Das Finale blieb Paul Hindemith vorbehalten: die „Sinfonischen Metamorphosen nach Carl Maria von Weber“ wurden glutvoll und rhythmisch sauber musiziert – der neue GMD forderte hier viel vom Orchester, befand sich aber in den Tempi immer auf federleichtem Terrain, das gerade die Blechbläserabschnitte sehr durchsichtig erscheinen ließ. Grüneis gab damit insgesamt einen sehr guten, auch mutmachenden Einstand, der auch vom Publikum positiv aufgenommen wurde.

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