Frank Peter Zimmermann und Herbert Blomstedt im Kapellkonzert
Gerade hatte man sich von dem fantastischen Konzert Ende Juni bei der Staatskapelle erholt, in welchem Herbert Blomstedt nicht nur Wagner und Beethoven musizierte, sondern auch ein Werk seines Landsmannes Ingvar Lidholm samt pfiffiger Konzerteinführung unter die Leute gebracht hatte, da trat der schwedisch-amerikanische Dirigent erneut zum Sinfoniekonzert der Staatskapelle an. Die Verbundenheit zwischen Orchester und Dirigent drückt sich in regelmäßiger Zusammenarbeit aus – für viele Besucher schwingen zudem Erinnerungen an Blomstedts Dresdner Chefzeit 1975-85 mit.
Böhmische und finnische Romantik stand diesmal auf dem Programm: zunächst Antonín Dvořáks Violinkonzert a-Moll, das sich erst in den letzten Jahren neben dem allseits bekannten Cellokonzert vom Geheimtipp zum Repertoirestück entwckelt hat. Für den Solopart konnte Frank Peter Zimmermann gewonnen werden – auch er ein häufiger Gast der Staatskapelle. Das Konzert am Sonntagabend versprach ein besonderes Erlebnis zu werden, denn Zimmermann-Interpretationen sind selten zum bequemen Zurücklehnen gedacht.
Dieser Geiger fordert die Zuhörer und das Orchester gleichermaßen stark und begreift jede Aufführung als höchst lebendigen, inspirativen Prozess. Das bekamen Blomstedt und die Kapelle auch gleich im ersten Satz zu spüren: Zimmermann drehte sich immer wieder zu den Streichern und suchte den Dialog. Der permanente Antrieb, den Zimmermann auch zuweilen mit forschem Strich und irrwitzig rasanten Passagen forcierte, rückte Dvořáks Konzert mehr und mehr in einen dramatischen Fokus, bei dem Leichtigkeit und Lyrismus keine Priorität besaßen – eher waren die ruhigen Momente des zweiten Satzes Stationen auf einem zwingend zu beschreitenden Weg. Zimmermann beseelte so das Konzert von der ersten bis zur letzten Note.
Das Orchester hatte etwas Mühe, mit diesem Füllhorn an Impulsivität zurechtzukommen und baute mit einem etwas zurückhaltenden Schönklang eher eine Parallelwelt zu Zimmermanns Intentionen auf. Am Ende war aber diese neue Sicht auf Dvořák so spannend und konsequent vorgetragen, dass es sehr großen Applaus für Zimmermann gab, wofür er sich mit dem Präludium der Bach-Partita E-Dur bedankte.
Die zweite Hälfte des Konzertes gehörte Blomstedt und der 2. Sinfonie von Jean Sibelius. Die Staatskapelle nahm dankbar Blomstedts fließende und luftige Tempi auf; mit wenigen Hinweisen und Gesten versorgte der auswendig dirigierende Maestro das Orchester und konnte so ein freies Spiel befördern, das in allen Sätzen dem von Sibelius wellenartig ausgeformten Spannungsverlauf zugute kam. Die Freude, Helligkeit und Kraft, die sich in den Fanfaren des letzten Satzes schließlich Bahn bricht, teilte Blomstedt auch unmittelbar dem Orchester mit und konnte so einen glanzvollen Abschluss setzen. Es sollte wahrscheinlich und erstrebenswert sein, dass die Dresdner auch nach diesem Auftritt nicht allzu lange auf den nächsten warten müssen – seine stets gelassene und immer willensstarke Ausdruckswelt bleibt eine große Bereicherung für die Kapellkonzerte.
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