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Anspruchsvolle Kammermusik

Junge Interpreten des Curtis Institute in zwei Konzerten bei den Musikfestspielen

Was eint Hilary Hahn, Leonard Bernstein und Lang Lang? Sie alle sind Absolventen des weltweit bekannten „Curtis Institute of Music“. Neben der Juilliard School und der Yale University ist das 1924 in Philadelphia gegründete Institut eine der bedeutendsten musikalischen Talentschmieden in den Vereinigten Staaten. Die selbstverständliche Einbeziehung von Tradition und Moderne spiegelte sich auch in den beiden Konzertprogrammen der sechs Studenten wider, die derzeit als „Curtis on Tour“ durch Europa reisen. Obwohl das Institut, das zur intensiven Ausbildung die Schülerzahlen niedrig hält und äußerst schwere Aufnahmekriterien hat, vornehmlich Orchestermusiker ausbildet, ist Kammermusik wesentlicher Bestandteil der Aktivitäten am Curtis Institute – die öffentliche Darbietung ohnehin.

Dieses hohe, professionelle Niveau spürte man sofort bei den Konzerten am Dienstag und Mittwoch in der Musikhochschule. Keineswegs hatten die Programme den Charakter der oberflächlichen Virtuosendarstellung, was mit Kompositionen von Dmitri Schostakowitsch oder Olivier Messiaen ohnehin nicht Absicht der Darbietung sein kann. Eher bekam man einen anspruchsvollen Querschnitt aus der Musikgeschichte präsentiert, der in diesen jugendlich musikantischen, sofort in die Tiefe der Werke eindringenden Interpretationen das nicht gerade zahlreich erschienene Publikum begeisterte – vielleicht hätten Hochschule und Musikfestspiele die Tourkonzerte als Curtis-Porträt gemeinsam intensiver integrieren können.

Im ersten Konzert gab es nach dem berühmten, mit viel positiver Energie musizierten Kegelstatt-Trio von Mozart ein modernes Werk des US-Amerikaners David Ludwig: „Our long war“ nach einem Gedicht von Katie Ford war eine intensiv wirkende poetische Szene – von Heather Stebbins (Sopran), Stephen Tavani (Violine) und Chelsea Wang (Klavier) wurde sie mit dramatischer Spannung ausgeführt.

Das Hauptwerk des Abends war Messiaens „Quartett auf das Ende der Zeit“ – das Werk ist ja aufgrund seiner Entstehung im Gefangenenlager in Görlitz 1941 jährlich beim „Meetingpoint Music Messiaen“ zu erleben. Somit war spannend zu hören, wie sich junge Musiker in diesen Kosmos einfinden. José Franch-Ballester (Klarinette) und Zachary Mowitz (Cello) traten nun zu Klavier und Violine hinzu und schufen eine außerordentlich intensive Interpretation, wobei die im Ensemble besetzen Sätze durchaus noch mehr mit Geduld erzeugte Schärfe vertragen hätten. Dafür waren die Soli von Cello, Klarinette und Violine traumhaft gut getroffen. Der Versuch, die Farbebenen des „Quatuor“ im Saal widerzugeben, war eher halbherzig, denn eine solche Inszenierung des Raumes benötigt einiges mehr als ein paar farbige Scheinwerfer für die Hinterwände.

Tags darauf setzte Curtis seine kleine Residenz mit einem ebenso farbigen Konzertprogramm fort. Den Löwenanteil hatte dabei die in allen Werken präsente und überaus stilistisch sichere wie persönlich ausdrucksstarke Chelsea Wang am Klavier zu bewältigen. Ihre Initiative war es auch, die Strawinskys „L’histoire du soldat“ knackig und theatral wirken ließ. Gleich darauf schalteten die Musiker – mit Ayane Kozasa, Viola – für Max Bruchs „Acht Stücke“ Opus 83 in zuckersüße Spätromantik um, um am Ende erneut ein hochintensives Musikerlebnis zu bereiten.

Dmitri Schostakowitschs späte „Sieben Romanzen nach Gedichten von Alexander Blok“, Opus 127 für Sopran und Klaviertrio erklingen selten auf den Konzertpodien, und wenn man eine solch reife, von der Sopranistin Heather Stebbins sowohl in der dem Charakter entsprechenden Linienführung der Stimme wie auch in der russischen Diktion gut getroffene Interpretation miterlebt, darf man sich glücklich schätzen.

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