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Derwischtänze und Schmetterlinge – Masterclass mit Peter Eötvös

Dass ein Opernhaus heute nicht mehr allein vom Opernspielen lebt und lebendig ist, dürfte allen klar sein, die einen Bezug zur Gegenwart und vor allem auch zum Nachwuchs – sowohl im Publikum wie auch auf der Bühne – pflegen. Geht beides in guter Weise zusammen, dann nennt man das wohl Investition in die Zukunft. Aber in der Oper kann es auch ganz einfach darum gehen, in einer guten, kompetenten Art über die Musik miteinander zu lernen – insofern war die „Masterclass“ des Theater an der Wien am Sonntag mit dem Komponisten Peter Eötvös vor allem ein erfrischender, nährender Nachmittag.

Denn in Sachen (Opern-) Kompetenz macht Eötvös so schnell keiner was vor, daheim in Budapest schreibt er gerade an seiner 15. Oper, während die vierzehn Vorgänger in aller Welt gespielt wurden und werden, was den 79-jährigen Ungarn manchmal an Grenzen der Logistik bringt, will er bei allen Premieren dabei sein (und einige dirigiert er auch noch gleich selbst). Der Komponist in ihm geht einher mit dem Pädagogen und Dirigenten, seine Musik ist zeitgenössisch und doch stark an der Praxis orientiert. Ihn interessiert also in höchstem Maße das musikalische Ergebnis, in welchem er als Komponist aber immer Spiel- und Interpretationsräume läßt.

Das war auch an diesem Nachmittag in der Kammeroper zu spüren – in der Initiative CAMPUS des Theater an der Wien widmeten sich Studenten der Kunstuniversität Graz den Werken von Eötvös, und der Komponist gab dezente und freundliche Hinweise gerade im Hinblick auf der Erweiterung von Klang und Klangfarbe, was gleich im Eingangsstück „Derwischtanz“ für drei Klarinetten (Elena Jarbonies Auregui, Felix Martl, Cristian Molina) bedeutsam wurde. „Spiel mal, probiert mal“ hieß es immer wieder von Eötvös und die Zuhörer konnten beobachten, wie auch kleine Nuancen das Stück langsam in eine ganz neue Richtung veränderten.

Anna Caseiro (Sopran), Samira Spiegel (Violine), Cristian Molina (Klarinette) und Eunhye Kim (Klavier) proben mit Peter Eötvös.

Dass der Komponist die Technik und Möglichkeiten aller Instrumente beherrscht, war auch in den wertvollen Kommentaren zu „Para Paloma“ für Violine (Alona Pynzenyk) und „Cadenza“ für Flöte (Aleksandra Skrilec) zu bemerken, während er mit Eunhye Kim am Klavier daran arbeitete, dass die Pianistin in „Dances of the Brush-footed Butterfly“ den haarfüßigen Schmetterling tatsächlich durch feinen Anschlag zum Leben und Flattern erweckt. Beeindruckend war dann am Ende dieses Kammermusik-Blocks auch das „Natasha Trio“ (eine Szene aus der Oper „Drei Schwestern“) für Sopran, Violine, Flöte und Klavier, in dem es um übersteigerten, gleichwohl sorgsam gelenkten Ausdruck ging –  Eötvös‘ theatrale Sprache, hier auch mit Humor gepfeffert, kam da schon hochdifferenziert über die Rampe.

Im zweiten Teil der insgesamt fünf Stunden Masterclass probten die Sänger Camilla Saba Davies und Felix Heuser, zwei Solisten aus der kommenden Produktion am Theater an der Wien „Der goldene Drache“ (Premiere am 14. Februar) mit Peter Eötvös an einigen Szenen der Oper und sorgten damit nicht nur für einen feinen Appetithappen, sondern ließen auch unzweifelhaft durchschimmern, dass neue Musik bis hin zur Konsonantenfärbung oder dutzenden Möglichkeiten, den Satz „Ich habe einen Zahn verloren“ auszugestalten, nicht nur bis in kleinste Details sehr ernst genommen wird, sondern auch Spaß macht. An diesem Nachmittag, der mit einem interessanten Gespräch zwischen Eötvös und dem Publikum schloss, dürfte jede(r) etwas Wertvolles mitgenommen haben.

Die öffentlichen Masterclasses werden im Laufe der Saison mit dem Geiger und Comedian Alexey Igudesman und dem Regisseur und TadW-Intendanten Stefan Herheim fortgesetzt.

Fotos (2) (c) Alexander Keuk

 


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Veröffentlicht in Features Rezensionen Wien

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