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Alban Berg im Bild

Sagen wir es gleich im ersten Satz: Das ist so ein Buch, wo ich immer wieder hingreife und blättere und staune und mich einen halben Abend lang hineinträumen kann. Bloß den Review hatte ich noch nicht geschafft, aber da kann ich mich auch kurzfassen, weil es schlicht am besten ist, das Buch in seinem Regal zu haben. Ich gehe noch einen Schritt weiter: in dieser Art würde ich mir gerne von vielen Komponisten im Wortsinn „ein Bild machen“, denn oft steht natürlich in der musikwissenschaftlichen Zunft viel Text über noch viel mehr Noten im Mittelpunkt und wenn die Bücher überhaupt einen Bildteil haben, wird er verschämt in den Anhang gefügt.

Alban Berg in seiner Wohnung unter einem Mahler-Porträt, um 1930.

Doch die Alban-Berg-Stiftung in Wien, für die Daniel Ender hier als Autor diesen Band zusammengestellt hat, verfügt gottlob über mehr als 4000 Bilder aus dem Nachlass und den ehemaligen Wohnräumen von Alban Berg. Ein Material, das hier in einer spannend zusammengestellten Auswahl über fünf Jahrzehnte reicht und Berg sowohl als zweijährigen Bub als auch in seinem letzten Lebensjahr 1935 zeigt.

Der bibliophile Bildband aus dem Böhlau-Verlag setzt somit auch die fotografischen Einblicke in das Leben des Komponisten, die mit „Zuhause bei Helene und Alban Berg“ begonnen wurden, sinnvoll fort. Auch hier wird behutsam (denn Ender verzichtet hier auf den visuellen Eindruck störende größere Textblöcke oder Bildanalysen) und fast privatim eine visuelle Biografie des Komponisten nachgezeichnet. Neben einigen ikonischen Fotos gibt es auch viele bislang nirgends veröffentlichte Bilder zu sehen.

Ein eher berühmtes Foto – Berg und Webern, Sommer 1911

Zudem erhält man Seite für Seite auch Einblicke in die Entwicklung von Mode, Gesellschaft und Fotografie, wobei das Porträt eine besondere Stellung einnimmt, denn in dem Band sind auch Zeichnungen und Malereien (sowie Fotos von Mal-Sitzungen, siehe Titelbild des Bandes) abgedruckt. Einige ausgewählte Fotos sind auch in starken Vergrößerungen abgedruckt, so werden viele Details und Geschichten in den Bildern erst sichtbar.

Berg selbst fotografierte ebenfalls und seine Begeisterung für die Technik läßt sich auch an dem Humor einiger Passbild-Automaten-Fotografien ablesen – Fotografie war nicht zuletzt auch ein besonderes Vergnügen, ein Posieren und In-Szene-Setzen. Man lernt beim Betrachten viel über die Persönlichkeit von Berg im Kontext etwa von Fotos mit Musikerkollegen oder im Kreise von Freunden und Familie. Am intensivsten wirken jedoch einige späte Bilder des Komponisten allein, die auch nicht inszeniert wirken.

Alban Berg im Bild Fotografien und Darstellungen 1887-1935
Autor: Daniel Ender
Verlag: Böhlau Wien, 280 S., 45 €
ISBN:978-3-205-21766-4

 

 


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Veröffentlicht in Rezensionen Weblog Wien

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