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Rezept…

„Man nehme irgendeine der Hals-über-Kopf-Passagen des späteren Ives mit ihren pointillistisch dudelnden Klavierobligatos, ziehe die Bässe ein wenig an, gleiche die Rhythmen ein bißchen aus, füge ein Saxophon zwecks Sex hinzu, und man hat die Überleitungsmusik von Lulu

Glenn Gould, in: Die Vierte von Ives, 1965

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Veröffentlicht in Weblog

6 Kommentare

  1. Truckle Truckle

    Oft erhalte ich gerade in Hinblick auf den künstlerischen/musikalischen Bereich den Eindruck, daß die Bandbreite des Möglichen längst ausgeschöpft wurde, daß gar nichts wirklich Neues mehr entstehen kann – egal was man sich betrachtet, egal was man sich anhört, fast immer fühlt man sich an etwas schon Bestehendes erinnert. Aber dieser Eindruck täuscht sicherlich.

    Liebe Grüße!

  2. Täuschung? na das hoffe ich doch, dass der Eindruck täuscht, sonst müßte ich ja den Stift weglegen. Es ist keineswegs so, dass „alles schon geschrieben wurde“. Vielmehr ist unser Ohr ständig im Weg, das zu kategorisieren versucht (Gould versucht hier lediglich eine Verwandtschaft zu beschreiben) und Bekanntes wiederhören will, sich im Gewohnten bequemt. Da liegt das Hauptproblem. Menschen mit „offenen Ohren“, mit nahezu kindlicher Neu-Gier (sic!) finden sich immer weniger.

    • Truckle Truckle

      Sicherlich ist nicht alles schon geschrieben worden, aber wenn Du von Verwandtschaft sprichst, dann ist die Frage doch, wie groß ist diese Verwandtschaft in der Regel? Der Fachmann wird sicherlich schon subtile Änderungen als neu erkennen/empfinden. Aber vermutlich hängt es auch sehr von der Musiksparte ab. Wenn ich mir beispielsweise den Massenmarkt für Pop-Musik anschaue, dann glaube ich nicht, daß Du nur den Konsumenten (oder den Tauschbörsen) die stark zurückgegangenen Verkaufszahlen sog. „neuer“ Musik anlasten kannst.

  3. leider doch. Denn der Konsument hat sich im letzten Jahrhundert doch stark verändert, und das tat er nicht aus freien Stücken, sondern eben unter Einfluss der entstehenden Massenmusikindustrie. Daneben ging – und geht – das Bürgertum und damit z.T. auch die Bildung (bzw. der WILLE dazu, feiner Unterschied) hops, und die Ansicht, dass man für Musik-Hören auch unbedingt seinen Geist einsetzen sollte, zählt nicht mehr. Was zählt ist Geschmack, Trend und es darf nicht „anstrengend“ sein. Wo anders liegt da die „Bringeschuld“ als beim Konsumenten?

  4. Truckle Truckle

    Hmm… die Bringschuld beim Konsumenten – geht das nicht ein wenig an den bestehenden Realitäten vorbei? Der von Dir beschriebene Niedergang des Bildungsbürgertums (den auch ich mit Sorgen beobachte) wird sich wohl nicht einfach so wieder umkehren lassen und darauf zu hoffen, daß sich der Konsument von selbst wandelt, ist illusorisch, das tat er noch nie und das wird er auch nie tun. Auch die vorangegangene Entwicklung erfolgte ja, wie Du sehr richtig gesagt hast, „nicht aus freien Stücken“. Nicht daß ich jetzt irgendwelche Patentlösungen parat hätte, aber ich glaube, diese letztlich globale Entwicklung als individuelles Problem zu betrachten, ist nicht sehr hilfreich…

  5. nunja… natürlich geht das an den Realitäten vorbei, aber Kunst bestand noch nie darin, dass ein Künstler sich dem anpasst, wonach der Pöbel verlangt. Das genaue Gegenteil war und ist der Fall, und das ist gut so (ich rede nicht von der Pop-Musik bzw. Clubdingen, das ist ein Fall für sich und müßte anders angegangen werden, weil diese Musik per se für den Empfänger geschaffen ist!) Dass sich der „Konsument ändert“, ist sicher schon ein Paradoxon an sich, denn der Konsument konsumiert – dabei wird eine Änderung nicht stattfinden, denn im Konsum wird er Kunst nicht bemerken. Mir geht es allenfalls um Menschen, die die nötige Aufmerksamkeit und ein wenig Phantasie mitbringen. Dass wir Künschtler (sagt der Schwabe) Minderheiten waren und sind und uns auch weiter standhaft weigern werden, einen Massenmarkt zu bedienen, ist durchaus verständlich. Ich schreibe Musik, weil ich denke, ein anderer könnte ähnlich „empfinden“. Wenn dem nicht so ist, irre ich. Aber zu uns gehört es auch, solche Visionen nicht nur zu besitzen, sondern sie ein Stück weit auch in die Tat umzusetzen. Mehr nicht.

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