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Leserbrief

Da ein Leserbrief für die Öffentlichkeit bestimmt ist, biete ich einem solchen, an mich gerichteten, dessen Kopie ich am Freitag im Briefkasten fand, gerne hier die gewünschte Plattform. Bittesehr:

Leserbrief
Zur Uraufführung von „Mehr Licht“ von A. Keuk im Konzert der Philharmonie am 21.05.06
„Ein Konzert der Philharmonie, noch dazu mit einer Uraufführung, ist für mich kein Alltag, deshalb besuche ich es nicht in Alltagskleidung. Mehr als 99% der Besucher denken genauso. Dass mir das aufgeführte Werk nicht gefallen hat, ist völlig belanglos; andere haben vielleicht einen besseren Zugang gefunden. Aber nicht belanglos finde ich, dass Sie, verehrter Herr Komponist, nach der festlichen Darbietung Ihres Stückes im deplatzierten Jeans-Outfit auf der Bühne erscheinen. Mit vielen anderen fühle ich mich provoziert, mehr noch vielleicht die Musiker, die – selbstverständlich in Festkleidung – ihre ganze Kraft für das nicht einfache Werk eingesetzt haben. Das Publikum hatte so viel Anstand, sich ohne Störungen mit Ihrem Werk auseinanderzusetzen, Ihren Auftritt zu tolerieren und seine Meinung mit einem sehr verhaltenen Beifall kundzutun. Mit freundlichen Grüßen“

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Veröffentlicht in Weblog

16 Kommentare

  1. Frau Schaaf Frau Schaaf

    Du bist aber auch böse, dooo! 😉

  2. Was? Im Jeans-Outfit! Bodenlos! *gg* Aber vielleich kannst Du den Verfasser versöhnlich stimmen, wenn Du ihm erklärst, das gesamte Werk in Festkleidung komponiert zu haben…

  3. Mann, Mann, Mann – wie ich diese Uniformisten hasse und verachte!

  4. Truckle Truckle

    Pinguingeschnatter Daß ihm Dein Werk nicht gefallen hat, ist in diesem Zusammenhang in der Tat belanglos – warum also erwähnt er es hier? Mit „vielen anderen“ (ich liebe diese imaginären, anonymen Beipflichter *g*) fühlte er sich „provoziert“ (netter kleiner Anfall von Größenwahn… *gg*) und mehr noch „vielleicht“ die Musiker? Nichts weiter als die dumme Polemik eines Menschen, der mit sich und der Welt unzufrieden ist und seine Frustrationen an anderen abreagieren will…

    Liebe Grüße!

  5. Vielleicht sollte man zur Auflockerung zwischen den Stücken hin und wieder jemanden mit todernster Miene ein solches Pamphlet verlesen lassen? Man muss Verständnis haben; in Pinguinkostüm, die Sauerstoffbremse säuberlich um den Hals geknotet, da braucht es leichte Kost.

    Als Kind mochte ich Oper nur in Rathen – also, gerne häufig, aber eben nicht im Schauspielhaus (die Semperoper schlief noch den Ruinenschlaf). Weil Schauspielhaus für mich identisch war mit Lederschlips und Konfirmationsanzug. Hochwasserhosen. Bah. Das hat sich erst in der Schulzeit geändert, als wir für ’n Appel und ’n Ei fast jeden dritten Tag in Schauspiel oder Oper waren (sowas dürfte heute leider aus Kostengründen der Vergangenheit angehören). Auf den Stufen der Ränge lümmelnd ließ sich auch Unverstandenes ertragen, gerade darum zwei- und drei- und vielmals, und hin und wieder entstand so eine neue Liebe. Zum Stück. Naja, zwischen denen auf den Stufen auch.

  6. Bin hin und her gerissen und möchte ein wenig wider den Stachel löcken – ohne den Charakter des „Outfits“ zu kennen (schließlich gibt es ja auch solche und solche Jeans…). Ich kann mir zwar vorstellen, dass der Leserbriefschreiber ein fürchterlicher Spießer ist. Aber andererseits: Warum nicht ein wenig Hochstimmung (die hat man doch bei der Uraufführung eines eigenen Werks, setze ich voraus) in die Kleidung transferieren? Das bedeutet ja nicht gleich „Pinguin“. Vor einigen Jahren war mir das alles auch noch völlig egal, aber da nun heutzutage alle Formen verwahrlosen, ist doch die vormals geschmähte Korrektheit fast schon wieder subversiv?

    • Da stimme ich inzwischen auch zu. Ich finde, es hat was mit Respekt zu tun. Aber wer solch einen Leserbrief schreibt, der muß echt einen an der Waffel haben. Sorry.

    • Eigentlich tendiere ich dazu, den Brief von meiner Seite aus komplett unkommentiert zu lassen, die interessanten Statements bestätigen jedoch meine Meinung, die ich auch dem Autor mitteilen würde: „Der Inhalt zählt, nicht die Verpackung“. Und im Konzert zählt die Musik, weiter nichts. Was die Leute anhaben, ist mir wurscht, gepflegte Erscheinung vorausgesetzt. Dass manche zumeist älteren Herrschaften anderer Meinung sind, weiß ich und respektiere ich. Die Illusion einer vergangenen bürgerlichen Welt, die wir längst abgestreift haben sollten, um endlich Gegenwart zu begreifen und zu (er)leben, wird immer noch mit Vehemenz im Koma durch die Konzertsäle getragen, ich erlebe es tagtäglich, und es ist mehr als grauenhaft, zwischen klickenden Fotohandys, Operngläsern, Bonbonrascheln und Sitzplatzkriegen eine Konzertaufführung durchzuhalten, bei der die Sucht nach dem Bekannten und Gewohnten im Ohr wie im Auge auf Platz 1 des „must have“ rangiert. Einen Grund für eine Anpassung meinerseits an solche Konventionen sehe ich nicht. Den implizierten Zusammenhang zwischen Publikum/Werk und meiner Erscheinung finde ich allerdings wahnwitzig…

    • neous neous

      Warum antwortest du ihm nicht genau das?
      Vielleicht mit den diversen, dann vielleicht anonym gehaltenen Kommentaren?
      Ich finde nicht, dass man das unkommentiert lassen muss…Fordert er nicht geradezu eine solche Antwort? Ok, er hätte wohl lieber eine Art Entschuldigung, aber die wird er ja keinesfalls bekommen…

    • Ich würde mir nicht die Mühe machen.
      Wenn er die Musik auch nicht begeisternd fand, sind die beiden eben nicht auf einer Wellenlänge. Verschiedene Dinge scheinen hier wichtig zu sein: Dem einen das Äußere, dem anderen das Innere. 😉

  7. Zieh Dein Ding durch. Das andere spielt gar keine Rolle.

  8. Gulda Da lob ich mir doch den leider schon verstorbenen Friedrich Gulda, der auch mal nackt konzertiert hat – oder war nur seine Freundin nackt?
    Tatsache ist aber, dass er bereits in den 70er-Jahren vollkommen nonchalant in schwarzem Pulli Beethoven gebracht hat. Das war damals ein Aufruhr, kann ich mich erinnern:)

    • er UND die Freundin. Außerdem hat er sich ja einmal für tot erklären lassen, und danach eine „Resurrections“-Party gefeiert. Dagegen wirkt meine Jeans ja schon spießerhaft 😉

    • Jo. Oder Du könntest auch nächstes Mal Dein Werk laut mitsingen (so á la Glenn Gould ). *g*

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