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Notenstrudel

Juho Pohjonen stellte skandinavische Klaviermusik vor

In Zusammenarbeit mit dem Finnland-Institut Deutschland fand in der Empfangshalle des Hygienemuseums am Montagabend ein gut besuchter Klavierabend statt, der im Focus der Reihe „Landschaften“ und der Gaststadt Helsinki der Dresdner Musikfestspiele stand. Die Zuhörer erwartete ein breites Spektrum an skandinavischer Klaviermusik, wobei dieses Genre im Schaffen skandinavischer Komponisten zumeist einen Sonderfall darstellt, wie der Komponist Benjamin Schweitzer in seiner Moderation erläuterte. Denn die allseits bekannten „Lyrischen Stücke“ von Edvard Grieg dienten dem Komponisten vor allem zum Broterwerb, bürgerliche Hausmusik wurde gern von den Verlagen veröffentlicht. Es verwundert daher nicht, dass gerade das Klavier als vielfältiges Studieninstrument der Komponisten für größere Werke verwendet wurde; die dargebotenen Werke von Grieg, Nielsen und Sibelius waren jedoch höchst unterschiedlich. Der junge finnische Pianist Juho Pohjonen arbeitete die Stimmungen und kleinen Geschichten der Klavierstücke sehr gut heraus und zeigte vor allem viele dynamische Nuancen im etwas überakustischen Foyer. Schön, dass der Zyklus „Die Bäume“ von Sibelius trotz der folgenden Pause in seiner Kargheit und in verrätselten Wendungen nahtlos in die Moderne wies, die im 2. Teil des Konzertes ihren Platz hatte und gleich mit einem pianistischen Parforceritt startete: die 4. Klaviersonate des finnischen Komponisten Erkki Salmenhaara (1941-2002) entfaltet durch ein verbissen durchgehaltenes rhythmisches Muster eine ungeheure Sogwirkung. In dem akustisch nahezu dreidimensional wirkenden Notenstrudel gab es jedoch feine Abstufungen, die Pohjonen mit unglaublicher Ruhe, Übersicht und einem enormen Tempofeeling gestaltete. Durch diese vehemente Interpretation wirkte der 2. Satz daher auch wie von einem anderen Stern. Sehr flächig und virtuos war das Schlusswerk des Abends: „Dichotomie“ des finnischen Dirigenten Esa-Pekka Salonen, der in den letzten Jahren auch als Komponist immer bekannter wird. Die körperlich-gestische Musik Salonens bezieht ihre Faszination aus einer schier unmenschlichen Dichte des Notensatzes, bei der Pohjonen aber weiterhin völlig entspannt schien und somit Steigerungen und rhythmische Ballungen mit voller Intensität entfalten konnte. Dennoch wirkte das Figurenwerk hier oberflächlicher als in der nahezu verzweifelt wirkenden Rotation in Salmenhaaras Sonate. Dass Pohjonen den starken Applaus auch noch mit einem hochvirtuosen und dennoch weich und flüssig dargebotenen Ravel-Werk beantwortete, läßt diesen finnischen Pianisten im Gedächtnis bleiben.

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