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Geheimnisvolle Tiefen nicht erreicht

Miguel Gomez-Martinez dirigiert Mahler und Puccini im Zykluskonzert

Im Congress Center Dresden fand das letzte Zykluskonzert der Dresdner Philharmonie der laufenden Saison statt, eingeleitet durch drei Orchesterstücke aus der Oper „Le Villi“ von Giacomo Puccini. Angesichts der großangelegten 7. Sinfonie von Gustav Mahler, die darauf folgte, gerieten die gefälligen Sätze von Puccini bald in den Hintergrund der Hörerinnerung, dabei hatte der spanische Gastdirigent Miguel Gomez-Martinez sich um ein lichtes, transparentes Klangbild bemüht. Doch mehr als ein flüchtiger Eindruck von Puccinis früher orchestraler Kunst entstand hier nicht. Gomez-Martinez beschwor nach der Pause seinen Dirigentenstab, die fünfsätzige Siebte ist für Musiker wie Dirigenten eine besondere Herausforderung. Keine andere Sinfonie Mahlers ist so von Abbrüchen, plötzlichen Stimmungswechseln und rauschhaften Passagen gekennzeichnet und statt des etwa durch den von Mahler verehrten Bruckner hinlänglich bekannten finalen Orchesterrausches macht Mahler in der Siebten im Rondo-Finale durch zwei Akkorde lediglich „den Deckel zu“. Das macht eine eindeutige Richtung der Interpretation schwer. Den Zuhörern wird noch die tiefgründige Deutung des Werkes mit der Philharmonie unter der Leitung von Marek Janowski in bester Erinnerung sein. Miguel Gomez-Martinez arbeitete nah an der Partitur und versuchte Mahlers zum Teil übergenaue Anweisungen mit temperamentvollem körperlichen Einsatz umzusetzen. Der Gastdirigent konnte den Ansprüchen des Werkes nicht immer gerecht werden, im 1. Satz kam er über die schlichte Organisation der Partitur kaum hinaus – großformaler Zusammenhang und die Erforschung geheimnisvoller Klangtiefen waren hier zu selten spürbar. Im Detail waren jedoch von den überaus konzentriert agierenden Philharmonikern wunderbare Klangfarben zu hören. In der Tempowahl warf beispielsweise die viel schneller genommene Reprise im 1. Satz warf Fragen auf, ebenso Gomez-Martinez‘ Verständnis von einem „Andante Amoroso“ der zweiten Nachtmusik, die erst gegen Mitte des Satzes ein entspanntes Tempo erreichte, das der zarten Begleitung von Gitarre und Mandoline entgegenkam. In der 1. Nachtmusik hätte man die rhythmischen Ebenen zwischen Triolenfluss und Marschelementen noch stärker konturieren können, im 3. Satz, „Scherzo“ waren die fragmentarisch-schattenhaften Passagen oft zu laut, dafür war hier das Tempo konsequent in Spannung gehalten. Die gewisse Flüchtigkeit in der Interpretation machte insgesamt den Eindruck eines nicht fertigen Werkes, zudem schockte Gomez-Martinez vor allem im Finale durch plötzliche Tempoattacken und eckige Übergänge, auf die die Musiker nicht wirklich vorbereitet waren. Faszinierend war allerdings, wie die Philharmonie im „fremden“ Saal Homogenität und energetischen Schub entwickelte; trotz vor allem gefährlich direkter Akustik für die Holzbläser setzte genau diese Orchestergruppe die intensivsten Akzente des Stückes. Die souveränen und markanten Tenorhorn- (Olaf Krumpfer) und Hornsoli (Jörg Brückner) bereicherten die Aufführung ebenfalls. Anzuerkennen ist die Aufführungsleistung in jedem Fall, und gerade bei Mahler bleibt manches wie der von Gomez-Martinez überaus lang gehaltene vorletzte Akkord eben Ansichtssache.

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