Akademieprojekt „Mobile“ wurde in Hellerau uraufgeführt
Normalerweise, so besagt ein Spruch, geht man zum Lachen in den Keller. In Hellerau stieg man jedoch am vergangenen Freitag die Stufen hinab, um ein Experiment zeitgenössischer Musik mitzuerleben, bei dem nicht nur das sinnliche, befreiende Lachen am Ende ein wenig gefehlt hat. Aber der Reihe nach: In der letztjährigen Hellerauer Sommerakademie des Europäischen Zentrums der Künste wurde bereits das sogenannte „Akademieprojekt“ angestoßen, das mangels Bespielbarkeit des Festspielhauses in den Hellerauer Werkstätten Premiere hatte. „Junge Künstler und Wissenschaftler sind hier eingeladen, unter der Leitung eines renommierten Künstlers an einem freien, kreativen Entwicklungsprozess aktiv teilzunehmen“, so beschreibt sich das Projekt selbst. Ein Satz, der alles sein kann und nichts. Die Begriffe „Freiheit“ und „Kreativität“ entleeren sich recht schnell, wenn man ihnen nicht Sinn und Richtung verleiht. Insofern war unter dieser Einführung kaum etwas vorstellbar, sie blieb aber auch die einzige, wenn man von wenigen Worten zu „Mobile“ (so der Name des Akademieprojektes) in einem Flyer absieht. Ähnlich wie die rund zwanzig Stipendiaten unter der künstlerischen Leitung des Komponisten Manos Tsangaris im Bühnenraum des Kellers agierten, so könnte man hier auch Begriffe in den Raum werfen, die allesamt an dem Abend Verwendung fanden, sich aber nicht zu einem rezipierbaren Ganzen formten: Improvisation, Kontakt, Kontrast, Experiment, Balance, Chaos. Woran dieses Missverhältnis zwischen Absicht und Wirkung der Aufführung lag, ist kaum erklärbar, möglicherweise waren die Rahmenbedingungen des Projektes – ein komponiertes Werk war ja nicht Ziel der Bemühungen – zu locker gesteckt. Immer wieder geschahen im „Mobile“ Klang- und Bewegungsballungen, die zwar Masse und Aktion bedeuteten, aber über die reichlich abstrakte Mobile-Idee kaum einmal hinausgingen. Vor allem der Umgang mit musikalischem Material war zu frei, als dass ein Zuhörer wirklich an die Hand genommen werden konnte oder sich emotional tiefgehende Eindrücke einstellten. Nach zwanzig Minuten Laufen, Kratzen, Quietschen und Textplappern nebst einer schon nur noch peinlich zu nennenden Einbeziehung von Videoelementen, die dazu bestimmt waren, dass man sie kaum sah, stellte sich nicht nur Müdigkeit ein, sondern auch die Sinnfrage. Ja, alles ein Spiel – aber zur Selbstgefälligkeit der Interpreten dürfte wohl kaum ein Akademieprojekt mit drei Aufführungen zustande kommen. Auch der Lerneffekt für die Stipendiaten während der Entstehung ist unbedingt ernstzunehmen, aber eine Aufführung (zumal innerhalb des „KlangNetz Dresden“ positioniert) sollte die Vermittlung und Kommunikation mit dem Publikum einbeziehen, hier waren deutliche Defizite zu bemerken. So saßen die Zuhörer im vorangestellten „Nachtstück mit Fenster“ von Tsangaris so ungünstig positioniert, dass man von vielen Aktionen nur einen geschleuderten Arm, einen Gesichtsausschnitt oder fortwährendes Lichtspiel zu sehen bekam. Die Behandlung von Raum, optischen und akustischen Wirkungen sowie die Rolle des Publikums ist jedoch im zeitgenössischen Musiktheater immanent, so dass man hier unbefriedigt blieb. Deutlicher Vorteil dieses Prologs war jedoch die viel stringentere Form, die Klangsituationen und -konstellationen deutlich voneinander abhob, während das „Mobile“ in seiner unpräzisen Bilder- und Klangflut zum Scheitern verurteilt war. Das Akademieprojekt warf auf diese Weise viele Fragen auf, vermutlich auch gewollt, aber dann sollte man zukünftig den offenen und eben stark akademischen Charakter des Aufführungsergebnisses viel besser im Voraus kommunizieren.
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