12. Sinfoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle
Für Fabio Luisi geht dieser Tage die erste Saison als Generalmusikdirektor zu Ende. Mit der Sächsischen Staatskapelle zeigte er in den sechs von ihm dirigierten Konzerten seine klare musikalische Visitenkarte: Frische Kraft wird in der Tradition gesucht, und ein wesentlicher Focus zeigt nicht nur durch die Einrichtung des „Capell-Compositeurs“ in die Gegenwart. Die richtige Balance beider Schwerpunkte kann langfristig zur gegenseitigen Befruchtung führen und verhilft Orchester wie Publikum zu neuen, wertvollen Impulsen. Nicht zuletzt aufgrund aktueller CD-Produktionen standen in dieser Saison Orchesterwerke von Richard Strauss im Mittelpunkt von Luisis Konzerten, ob dies immer der Wirkung der Stücke der Capell-Compositrice Isabel Mundry zugute kam, mag man in Frage stellen. Im 12. Sinfoniekonzert war aufgrund der Thematik der Kompositionen und natürlich auch der Herkunft des Dirigenten ein südländisches Dach über die Musik gespannt: eine „deutsche Italianità“ mit doppeltem Quergruß nach Spanien. Strauss‘ Tondichtung „Don Juan“ ist längst zum Bravourstück guter Orchester geworden, in Dresden atmet sie nahezu den Hauch einer Erkennungshymne, denn auf wundersame Weise stellt sich hier der selbst im forte stets samtige Kapellklang regelmäßig wie von selbst ein. So konnte sich Luisi mit wenigen Gesten auf Tempovorschub und Ausbalancierung begnügen. Die Homogenität des Orchesters war so ausgezeichnet, dass harmonische Entwicklungen auch in rasanten Passagen immer plastisch hervortraten. Isabel Mundry steuerte ein „Nocturno“ bei, das in ungewöhnlicher Aufstellung des Orchesters reizvolle Klangnuancen innerhalb wahrlich „nächtlicher“ Thematik bot. Immer wieder beißt sich da das große Hauptensemble in beharrlichen Klangflächen fest, während später ein kleines Soloensemble in zarter Zerbrechlichkeit seine Stimme erhebt – die Finsternis vertreibt es indes nicht. Wenngleich in avancierter Sprache komponiert, war in diesem Fall die Nähe zu Strauss frappierend, denn dessen Vorliebe zur solistischen Äußerung und der Auffächerung des Streicherklangs in den Tondichtungen war zumindest eine klare klangliche Parallele. Mit der auf den Punkt gebrachten Dramaturgie des „Don Juan“ ist die ein Jahr zuvor entstandene und heutzutage selten zu hörende Orchesterfantasie „Aus Italien“ von Richard Strauss nicht zu vergleichen. Dennoch bietet das Stück bereits eine reiche Palette an vor allem pastellenen Orchesterfarben an, die Strauss hier eher mit ruhig-gelassenem Zeitempfinden ausprobierte und Luisi ebenfalls mit Sinn für einen weichen Musikfluss nachempfand. Brahms und Berlioz grüßen im 2. und 4. Satz mehrfach aus der Partitur und ein wenig Humor sollte nach Strauss eigenen Worten der Zuhörer schon mitbringen, um die italienischen Eindrücke recht zu verarbeiten. Den Spass empfand man auch beim Zuhören, denn angesichts der transparenten Musizierweise Luisis waren die zahlreichen fast impressionistischen Bilder (etwa im 3. Satz) gut „ausgemalt“; zudem war im ganzen Orchester eine spannungsvolle Piano-Kultur zu beobachten, die dem Werk unbedingt entgegen kommt. Die in urdeutsche Kontrapunktik getauchte neapolitanische Volksweise des 4. Satzes verkommt bei Luisi dann gottlob nicht zur Touristensatire, sondern wirkt differenziert und ernstgenommen. So macht Strauss Spaß.
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