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Nicht exzentrisch.

3. Sinfoniekonzert der Landesbühnen Sachsen

Ein wenig Augenzwinkern und geistreicher Humor kann das oft bedächtige Konzertleben einmal auflockern. Dies dachte sich der GMD der Landesbühnen Sachsen, Michele Carulli, wohl bei der Erstellung des Programms des 3. Sinfoniekonzert. Und so führte das Motto des Konzertes „Exzentrisch?“ (die dazugehörige Plakatkampagne darf man übrigens als gelungen bezeichnen) auch leicht in die Irre, denn nur aus einer sehr zweifelhaften Perspektive würde man den Werken des Programmes eine solche Etikette anheften. Indes mochte Carulli möglicherweise das Temperament seiner Musiker (oder gar sein eigenes?) ins Felde führen, doch der Blick auf die Bühne bewies bereits im ersten Werk des Abends: Hier geht es besonnen zu. So war Joseph Haydns 45. Sinfonie noch im ersten Satz zwar durchaus von einigen äußerst unterstützenden sforzati des Dirigenten unterlegt, Adagio und Menuett gefielen sich jedoch im ausladendem Gestus. Nun ist diese Sinfonie, die „Abschiedssinfonie“ bekannt für ihr Finale, das aber ebenfalls nicht exzentrisch, sondern in geordnetem Abgang verlief: Konzertante, gespielte Verweigerung forderte Schmunzeln heraus, denn angesichts der realen Orchesterstreiks der letzten Monate wirkt die Haydnsche Maßnahme doch recht anständig. „Was wäre die Welt ohne Musik?“ fragte Carulli anschließend noch andächtig ins Publikum und war sich offenbar nicht bewusst, dass angesichts des folgenden Werkes die Antwort auch hätte lauten können: „nicht besser und nicht schlechter“. Während unsere Kanzlerin wahrscheinlich nie ein Orgelstück von Gustav Merkel aufführen wird, hat es Carulli schon aus beruflichen Gründen leichter mit der musikalischen Ehrerbietung an einen Namensvetter, und so stand ein Werk des italienischen Gitarrenvirtuosen Ferdinando Carulli auf dem Programm. Doch am Ende wurde recht klar, warum dieses Werk gut 150 Jahre in Bibliotheksbeständen schlummerte. Der nihilistische Orchesterpart ächzte sich von Begleitfigur zu Begleitfigur und das Konzert strotzte nur so vor Konvention und Geschmack der Zeit, allerdings auch vor mangelnden Ideen. Bleiben zwei Solisten, die sich redlich für das Stück einsetzten: Dora Filippone (Gitarre) war jederzeit dem Stück überlegen und konnte aus der Ruhe heraus gestalten, Max Lötzsch an der Flöte beteiligte sich mit hörenswerten Kantilenen. Nach der Pause ging es in die großen sinfonischen Gefilde, die Tondichtung „Don Quixote“ von Richard Strauss forderte die volle Orchestermannschaft. Etwas zaghaft ging diese etwa bis zum Einsatz des Solo-Cellos mit dem Werk um, doch das höchst kundige und intensive Spiel des Solisten Peter Bruns riss dann das Orchester mit. Gabriele Kröhnert (Viola) steuerte im Dialog mit Bruns die geschwätzige Ebene des Sancho Pansa bei. Bruns wusste vor allem leidenschaftliche Steigerungen geschickt anzusetzen, so dass die einzelnen Teile des Werkes transparent wurden. Sicher blieben im Orchester viele Wünsche im dynamischen und intonatorischen Bereich offen, doch die Interpretation gelang vor allem zum Ende hin versöhnlich und ansprechend.

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