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Eindringlich musizierte Mariengesänge

Marie-Claude Chappuis und „Il Giardino Armonico“ in der Frauenkirche

Der Sonnabend in der Frauenkirche ist Klassikkonzerten mit hochkarätigen Gästen vorbehalten. Ein nur flüchtiger Blick in das Programm des jüngsten Konzertes würde nicht unbedingt jeden vom Hocker reißen: geboten wurde Barockmusik italienischer Provenienz mit vielen kleinen Piècen wohl ein Programm für Kenner und Liebhaber. Doch so oft im Leben wird man eines Besseren belehrt, und man findet sich mitten im Konzert atemlos auf der Stuhlkante wieder, staunend und berührt von der Intensität und Ernsthaftigkeit, mit der auf der Bühne musiziert wird. Das Konzert mit dem italienischen Ensemble „Il Giardino Armonico“ war wohl einer der wunderbarsten Konzertabende in diesem Kirchenraum. Laut klagen muss man allerdings, dass man dieses Erlebnis mit nicht gerade vielen Zuhörern teilen konnte, denn die Frauenkirche war halbleer. Immerhin nahm ein Ensemble auf der Bühne Platz, dass in diesem Jahr einer der ECHO-Klassik-Preisträger ist (die Verleihung findet am 18. Oktober in der Semperoper statt) und zwar nicht für eine spezielle Einspielung, sondern für die Ensembleleistung. „Il Giardino Armonico“ versteht sich vor allem auf die italienische Barockmusik und ist in den fast 25 Jahren seines Bestehens für die stetig steigene Interesse der Zuhörer an Alter Musik gewaltig mitverantwortlich. Denn gleich mit den ersten Klängen aus Antonio Caldaras Sinfonia a-Moll war klar: hier spielt eines der weltbesten Barockensembles. Dazu kam eine Dramaturgie, die weit entfernt war von einem Potpourri bekannter Melodien. Mit Akribie und Sinn für Kontraste und Nachbarschaften hatte das Ensemble verschiedene Passionsmusiken instrumentaler und vokaler Art zusammengestellt. Dirigent Giovanni Antonini vermied Pausen zwischen den Stücken, so dass der Abend aus drei großen Teilen intensivst musizierter Marien-Musiken bestand. Il Giardino Armonico beeindruckte durch ein unendlich scheinendes Repertoire an Ausdrucksnuancen und dynamischen Feinheiten, so dass jeder noch so kurze Instrumentalsatz zu einem packenden Drama geriet. Weit entfernt ist das Ensemble auch von einem harten Tonfall oder überzeichneten Tempi, was für manche vermeintlichen Experten der Alten Musik schon zur Visitenkarte gehört. Vielleicht liegt es doch an der Heimat des Ensembles, dass man überzeugt ist, Vivaldi hier mit besonderem Schmelz, mit Klangtiefe und einem unglaublichen Sinn für Tonlängen und Tongestaltung zu hören. Den vokalen Part dieses Konzertes gestaltete die Schweizer Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis, die sich wie ein ebenbürtiges Instrument in die Schar der Musiker einfügte und insbesondere in Giovanni Battista Ferrandinis Kantate „Il Pianto di Maria“ eindrucksvolle Gestaltung ihrer Linien bot. Dazu faszinierte hier die Faktur der Kantate mit einer zweimal musizierten ernsten Cavatine und mit einem fast schon ruppig-bestimmten Rezitativ als Finale. Von der Orgelempore sang Chappuis im ersten Teil raumgreifend und dramatisch Claudio Monteverdis „Pianto della Madonna“, eine Fassung des berühmten „Lamento d’Arianna“. Die räumliche Distanz kreierte eine besondere Bühnensituation: dieser Maria war zu Hilfe zu eilen unmöglich und mit dieser festen Unausweichlichkeit sang Chappuis die Klage sehr überzeugend. Die Italianità des Dresdner Hofes nicht fehlen: mit Werken von Johann Georg Pisendel und Sylvius Leopold Weiss wurden sehr passende Musiken ausgewählt. Neben Luca Pianca (Laute) brillierte Dirigent Giovanni Antonini ebenfalls solistisch auf dem Chalumeau in Francesco Contis Arie „Sento già mancar la vita“. Für den starken Applaus für dieses bewegende Konzert bedankten sich die Musiker mit der Arie „Mein Heiland“ aus Telemanns „Brockes-Passion“. Und zu hoffen bleibt, dass Il Giardino Armonico nicht nur im Oktober seinen verdienten Preis entgegennimmt, sondern Dresden auch bald wieder musikalisch beehrt.

CD-Tipp:
Das Programm des Konzertes in der Frauenkirche ist bereits im April 2009 auf CD erschienen: Il Pianto di Maria – Bernarda Fink, Il Giardino Armonico, Giovanni Antonini, DECCA

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