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Alle Register gezogen

Bejubeltes Recital von Arcadi Volodos in der Semperoper

Man vergleicht ihn gerne mit Horowitz und unbestritten ist, dass der 38jährige Pianist Arcadi Volodos zur Weltelite seiner Zunft gehört. Dabei ist Volodos keinesfalls der Tastenlöwe, der durch die Konzertsäle der Welt gereicht wird und im Vierteljahresrhythmus die Plattenindustrie mit Aufnahmen versorgt. Seine Beschäftigung mit den großen Klavierkomponisten der Vergangenheit benötigt Zeit und Intensität, und die Ergebnisse sind einzigartige Konzerterlebnisse mit einem Künstler, der eine schier unglaubliche Technik, Intellekt und Persönlichkeit zu verbinden weiß.

So geriet das Recital in der Semperoper am Mittwochabend auch zu einem Höhepunkt der Musikfestspiele und ganz ohne es zu betonen standen die „Fünf Elemente“ auch hier im Mittelpunkt. Volodos versteht es, nicht nur Feuer, Wasser, Erde, Luft und den Äther in seinem Spiel hervorzuzaubern, er erfindet auch mühelos noch weitere Elemente, kleine und große Klangwunder, von denen man nie glaubte, dass sie einem Konzertflügel entlockbar seien. Doch wie geht der Virtuose Volodos mit Franz Schubert um, einem Komponisten, dessen oft introvertierte Kantabilität gerade am Klavier einen fast objektiven Zugang verlangt?

Volodos beherrscht diese respektvolle Annäherung und so geraten die drei „Moments Musicaux“ zu wertvollen Perlen, glasklar wie eine Wasseroberfläche, mit fast dokumentarischem Anspruch. Auch die Sonate f-Moll D625 atmet diese Ruhe: ökonomisch und doch mit impulshafter Kraft zeigt Volodos exemplarisch die Kanten und Risse dieses Werkes – nicht in offen virtuoser Manier, sondern immer mit Atmung und Zeitgefühl. Doch in diesem lyrischen ersten Teil spürte man bereits das Brodeln – Volodos fuhr den Schubertschen Weg ruhig und besonnen wie ein Lamborghini in einer 30er-Zone.

Himmel und Hölle waren durch die Konzertpause getrennt; im zweiten Teil stand nur ein Werk auf dem Programm: die h-Moll-Sonate von Franz Liszt, Gipfelpunkt und Markstein der romantischen Klaviermusik schlechthin. Volodos versank fast in der Lento-Einleitung, nahm das „Grandioso“ wörtlich und zeigte ein entfesseltes Presto mit Oktavläufen, die den Resonanzkorpus des Steinways bis in die Grundfesten forderten. Und doch war alles Toben, alles Innehalten unter einen großen Bogen gesetzt, Volodos verlor niemals die innere Spannung für das gesamte Werk.

Atemlos folgte das Publikum im Semperbau dem Pianisten bis hin zu den letzten satt und leise gesetzten Tönen, dann brach sich begeisterter Jubel Bahn. Volodos dankte mit insgesamt sechs Zugaben, in welchen er zwischen intimstem Albumblatt und rasanter Paraphrase noch einmal alle Register zog – Standing Ovations bildeten das Finale dieses großartigen Konzertes.

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