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Endhaltestellenwanderungen Teil III: Prohlis

Am Sonntag nun ging es endlich nach Prohlis. Nach 17 Jahren in Dresden musste ich feststellen, dass ich nur ein einziges Mal wissentlich in diesem Viertel zu tun hatte, als ich den Exilort des Kreuzgymnasiums besucht habe. Vermutlich ist Dresden aber einfach auch groß genug, dass man als „West“-Viertelbewohner schlicht wenig im „Osten“ zu tun hat, wenn man nicht gerade Verwandtschaft dort hat oder einen Beruf mit lokaler Mobilität sein eigen nennt. Mobil ist man aber mit der DVB in einer guten halben Stunde aus dem Zentrum vor Ort – die Endhaltestelle Prohlis deckt gleich dreifach unsere Wanderkapitel ab: die 1, 9 und die 13 enden hier.

Möglicherweise widme ich dem Viertel selbst noch ein eigenes Kapitel, wenn mir mitgeteilt wird, was es dort alles zu entdecken gäbe. Wir aber waren am Sonntag natürlich auf Wanderung und Natur eingestellt, und deswegen haben wir uns von der Haltestelle aus gleich südwärts gewandt. Die B172 kreuzend, lassen wir schnell den Kaufpark Nickern an der Seite liegen und tauchen in ein kleines Wohnviertel ein, das idyllisch von Gartensparten begrenzt wird.

Wir sind in Nickern und stellen fest, dass auch hier, wie auch in Leutewitz am Hang zu beobachten, viele neue Ecken mit Einfamilienhäusern entstanden sind. Trotzdem gibt es noch einen alten Dorfkern, den man erlaufen kann und man bestaunt alte Bäume und manch altes Gehöft, das liebevoll restauriert wurde. Der Geberbach windet sich mitten durchs Viertel, und bachaufwärts treffen wir auf das Schloss Nickern, dass fast schon romantisch an diesem Sonntagmittag einen Herbstlaubschlaf schläft.

Wir folgen dem Bachlauf weiter südwärts über Streuobstwiesen und gelangen nach Kauscha. Hier gibt es einen Jugendbauernhof und im Dorf eine imposant auf einer Anhöhe stehende zu Ehren von König Albert 1898 gepflanzte Stieleiche, die wir bewundern.

Weiter den Bach entlang stoßen wir auf zwei Stauseen, die kaum gefüllt sind und als Rückhaltebecken dienen. Die Brücke der A17 über diesen Taleinschnitt finden wir sehr praktisch, da wir genau bei der Passage dieser Brücke Schutz vor dem einsetzenden Regen finden. Der obere See scheint in einem schlechten Zustand zu sein, das Gemäuer bröckelt, von alten Schildern, die den Ort oder möglicherweise die Gefahr beschrieben haben, stehen nur noch die Sockel.

Der Weg, der mit einem grünen Zeichen sogar als Wanderweg ausgewiesen ist, zeigt weiter südwärts, und so erreichen wir nach einer Pferdekoppel und einem Hundesportplatz Goppeln. Der Weg hinauf zur Babisnauer Pappel wäre die Krönung, aber wir sind hungrig und suchen daher nach einem Ort zur Stärkung.

Der Gasthof in Goppeln sieht trotz großformatiger Beschilderung leider verwaist aus, doch finden wir ein Altenheim und Kloster, dass von den Nazareth-Schwestern (ein 1923 von Mutter Maria Augustina gegründeter Orden mit dem Mutterhaus in Goppeln) unterhalten wird: Sonntags 14 Uhr Klostercafé! Unser Ziel ist erreicht und so mischen wir uns in das muntere Publikum, das mit der 75 aus Leubnitz zum Kaffeeklatsch hier rausgefahren ist – der Altersunterschied wird marginal, denn wir verköstigen ebenfalls Käffchen und Kuchen und schwatzen – die selbstgemachten Waffeln nehmen wir uns für den nächsten Besuch vor. Praktischerweise kommt aller halbe Stunde eine 75 den Berg aus Leubnitz hochgekrochen und wendet an der wohl urigsten Endhaltestelle mit steinernem Wartehäuschen und einem weiteren Häusel für das dringende Bedürfnis des Busfahrers. Nachdem die 75 noch eine Ehrenrunde durch Leubnitz dreht, gelangen wir rasch wieder in die Innenstadt und haben auch heute wieder Dresden neu kennengelernt.


Blick von Goppeln Richtung Osten, im Tal der Gebergrund

Weitere Informationen bei Lockwitz-Intern.de

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Veröffentlicht in Dresden

Ein Kommentar

  1. Danke … für diese originelle Idee und die lesenswerte Berichterstattung.

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