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Pettersson-Aufführung in Leipzig

1. Violinkonzert erklang im Gewandhaus

Das letzte Oktoberwochenende widmete das Leipziger Streichquartett in gleich mehreren Aufführungen an wechselnden Orten in Leipzig bedeutenden Kammermusikwerken. Am Sonntag beendete das Ensemble seinen Zyklus im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses. Unter dem Titel “Tiefe Einsichten” gab es zum Abschluss zwei außergewöhnliche Kompositionen von Allan Pettersson und Anton Bruckner.

Handelt es sich bei dem großen Sinfoniker des 19. Jahrhunderts um – von einem frühen Streichquartett abgesehen – dessen einziges Kammermusikwerk, so ist der andere als großer Sinfoniker des 20. Jahrhunderts immer noch nicht recht in der Aufmerksamkeit angekommen. Dass seine – ebenfalls nicht sehr umfangreiche, doch wichtige – Kammermusik einen wertvollen Einstieg zum OEuvre des Schweden, dessen 100. Geburtstag in diesem Jahr fast unbemerkt von der Öffentlichkeit begangen wurde. Um so wertvoller scheint die Würdigung durch das Leipziger Streichquartett, das in diesem Jahr bereits eine Aufnahme mit Kammermusikwerken Petterssons beim Label Dabringhaus & Grimm vorlegte. Darauf ist auch das Konzert für Violine und Streichquartett (1. Violinkonzert) aus dem Jahr 1949 vertreten, dessen verspätetes “Record Release” man nun in Leipzig erleben konnte.

Fast hatte man den Eindruck, es mit der Handschrift eines “jungen Wilden” zu tun; zwar stellt das Violinkonzert Petterssons Debut als Komponist in der Konzertöffentlichkeit dar, aber der zum Zeitpunkt der Uraufführung 40jährige Komponist hatte schon ein erstes “Leben” als Bratscher im Stockholmer Orchester hinter sich, bevor er zu dieser Zeit beschloss, fortan nur noch zu komponieren. Was aber ist dies für ein ungestümes, dramatisches und den Zuhörer mit jeder Note packendes Werk. Die Tonsprache ist schroff, in – Pettersson-Hörern von der später entstandenen Sinfonik her vertrauten – vielen Wellen rollen immer neue Höhepunkte heran, die versiegen, abbrechen, neue Wellen erzeugen. Die chinesische Solistin Yamei Yu tritt nur zu wenigen Kadenzen hervor, alle fünf Musiker haben oft gleichberechtigte, hochvirtuose Parts zu bewältigen. Selten beruhigt sich das Werk, um dann, noch im Adrenalin des vorausgegangenen Höllenrittes, zauberhafte, plötzlich tonal gefärbte melodische Abschnitte hervorzubringen. Dem Leipziger Streichquartett gelang eine überlegte und zupackende Interpretation; das Ensemble schaffte es sogar, den ersten Satz auf eine fast leichtfüßige rhythmische Basis zu stellen und so Kontraste zum Folgenden aufzubauen. Großer Applaus für diese musikalische Entdeckung war die Folge, und vielleicht für manchen im Publikum der Anlass, sich mit dem interessanten Werk des Komponisten näher zu beschäftigen.

Die Partnerschaft mit Anton Bruckner im selben Konzert gerät ungewöhnlich, wenngleich man Parallelen gerade in der Großbögigkeit der Anlage versucht ist zu ziehen, die sich aber erst später in Petterssons sinfonischem Werk offenbaren. So wirkte Bruckners “kleine” Sinfonie für fünf Streicher vor allem in den ersten beiden Sätzen seltsam unbekümmert und das Quintett (mit Barbara Buntrock als Gast an der zweiten Bratsche) brauchte eine Weile, um sich in diese neue Klangwelt einzufinden. Sehr stark war dann das Adagio als Zentrum des Werkes ausgestaltet und genaues Zuhören führte zu einer überzeugenden, in der zelebrierten Langsamkeit niemals den Fluss verleugnenden Interpretation. Mit einer Fuge von Bach als Zugabe verabschiedete sich das Leipziger Streichquartett von diesem intensiven, Horizonte öffnenden Kammermusikwochende.

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Veröffentlicht in Rezensionen

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