Pierre-Laurent Aimard spielte Kurtág, Ligeti, Liszt und Schubert
Die Interpreten der Dresdner Musikfestspiele scheinen sich in diesem Jahrgang zu besonderen Höhenflügen bereiterklärt zu haben – anders läßt sich der exorbitant gute Klavierabend mit dem Franzosen Pierre-Laurent Aimard im Palais am Freitagabend nicht erklären. Aimard ist bekannt für sein intellektuell durchdrungenes Spiel, das Tradition und Gegenwart in einen inspirierenden Bezug setzt. So war es auch bei diesem Recital, in dem die Linie der Donauländer Österreich, Ungarn und Rumänien den äußerlichen Rahmen für ein weitreichendes musikalisches Spannungsfeld bildete.
Aimard ordnete die Komponisten György Kurtág, György Ligeti, Franz Schubert und Franz Liszt so geschickt aneinander, dass ein zweiteiliges musikalisches Gesamtkunstwerk entstand und den Hörern nach zwei Stunden Spieldauer einen seltenes Glücksgefühl vermittelte, wie stark doch Musik wirken kann, stellt man sich komplett in ihren Dienst und läßt die Stücke miteinander korrespondieren. So legte Aimard eine „dunkle“ und eine „helle“ Konzerthälfte an, gruppierte die aphorismenartigen Stücke aus Kurtágs „Játékok“-Zyklus so, dass eine fast philosophische Betrachtung zwischen Stille und Bewegung entstand.
Der erste Konzertteil war dem spielerischen, positiven Element gewidmet; Aimards Interpretation der ersten kleinen und kleinsten Stücke war bereits so tiefsinnig, dass man in eine Konzentration gezogen wurde, die sich dann bei den zerbrechlich-zarten Schubert-Walzern und Ländlern zögerlich auflöste und Liszt, von dem die „Wasserspiele“ im ersten und der „Unstern“ im zweiten Teil erklangen, in eine Umgebung verfrachtete, in der man ihm neu und unverkrampft begegnen konnte.
Als eine geistig-musikalische Zusammenfassung der Teile setzte Aimard jeweils drei Etüden von György Ligeti an das Ende, schuf nahtlose Übergänge auch in den Tonarten und Tonzentren und bearbeitete den Steinway in den Extremen der Lautstärken derart willensstark, dass einem beim Zuhören der Atem stockte. Auch in den extrem komplizierten Etüden waren die Korrespondenzen zu der Simplizität des Anfangs gegeben.
Aimard hielt eine wunderbare Spannung vor allem durch die Transparenz der Rhythmen und Tonlängen und einer nur fabelhaft zu nennenden Anschlagskultur. Auf diese Weise gelang es Aimard, die Hörer für die spannenden Werke der Zeitgenossen zu fesseln und gleichzeitig für das Neue im Alten zu öffnen. Musik kann kaum mehr leisten, eine Zugabe hätte dieses Kunstwerk auch nur beschädigt. Stark.
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