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Enormes Pensum

Saint Thomas Choir of Men and Boys gastierte in der Frauenkirche

Einen besonderen Eindruck hinterließ das Konzert des „Saint Thomas Choir of Men and Boys“ aus New York, der am Sonnabend in der Dresdner Frauenkirche gastierte. Das war nicht nur der Fall, weil es das jährliche Dankeschön-Konzert für die Spender und Förderer von Wiederaufbau und Erhaltung der Frauenkirche war – der St. Thomas Choir war auch beteiligt an der Requiem-Uraufführung von Lera Auerbach im diesjährigen Gedenkkonzert der Staatskapelle. Kreise schließen sich, wenn man sich erinnert, dass auch ein Enkel einer Dresdnerin im St. Thomas Choir mitsingt (die DNN berichteten).

Es war außerdem ein Anliegen des Chores, nicht nur anglikanische Musik mit in die Frauenkirche zu bringen, sondern auch gleich drei Thomaskantoren zu huldigen. Denn auch der St. Thomas Choir trägt nicht nur den gleichen Namen, sondern hat ebenso eine Schule für musikalisch talentierte Knaben, bestehend seit 1919. 15 Männer aus Countertenören, Tenören und Bässen bilden das „Rückgrat“ der 37 jungen Choristen – Leiter John Scott war schon als Musikdirektor an St. Paul’s Cathedral in London zu Ehren gekommen, als er den Chor 2004 übernahm.

Für sein Gastspiel in Dresden hatte der Chor sich ein umfangreiches Programm ausgesucht, mit Motetten von John Sheppard, Orlando Gibbons und William Byrd gelang ein interessanter Einblick in die frühe anglikanische Musikgeschichte. Hier schon konnte man sich von der exzellenten Deklamation des Chores in allen gesungenen Sprachen überzeugen. Scott fordert viel von seinem Chor, bei dem keine Alterstrennung erfolgt: auch die Jüngsten sangen das komplette zweistündige Programm mit, wobei die Vokabel Höchstleistung für eine solche Darbietung fast noch untertrieben scheint, man sich eher angesichts der kraftraubenden Hymne „I was glad“ von Hubert Parry am Ende des Konzertes fragt, ob ein Weniger nicht ein Mehr bedeutet hätte.

Gut, dass die Jungen bei diesem Pensum zweimal durchatmen konnten, während Frederick Teardo zwei Kompositionen von Bach und Dan Locklair an der Frauenkirchen-Orgel musizierte. Die Musik der Thomaskantoren Bach, Kuhnau und Hiller gelang dem Chor in etwas eigenwilliger Art und Weise – Scott legte ein zu durchgehaltenes schnelles Tempo in Bachs „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf“ an, in Hillers Motette „Alles Fleisch ist wie Gras“ fehlte ein überzeugender Zugang. Erstaunlich aber, wie sicher und mutig alle Sänger seinen Intentionen folgten, homogen klang der Männerchor, zupackend und klar die Knaben.

Das setzte sich auch im zweiten Programmteil mit Musik des 20. Jahrhunderts aus Großbritannien und den USA fort, wenngleich hier nur Jonathan Harveys „Come Holy Ghost“ als zeitgenössisch zu werten war. Aber auch diese Stilistik schien dem Chor selbstverständlich und immer wieder traten auch betörende Soli hervor.

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Veröffentlicht in Rezensionen

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