Trompeterin Alison Balsom gastierte in der Frauenkirche
Als „Paganina“ der Trompete wird sie bezeichnet – auch wenn man verstehen kann, was damit gemeint sein soll, wäre für die Britin Alison Balsom vermutlich der königliche Begriff der „Queen“ angebrachter, es scheint auch geografisch einleuchtender und verbindet sich zudem mit ihrem neuesten CD-Album. Doch mit solchen Titulierungen erfasst man ohnehin nur äußerlich das eigentliche Musikerlebnis. In der Frauenkirche war am vergangenen Sonnabend die Startrompeterin gemeinsam mit dem „kammerorchesterbasel“ im Konzert zu erleben.
Das Programm mochte sich nicht recht entscheiden zwischen Wiener Klassik und „British Light Classics“, darin lag auch eine gewisse Schwierigkeit in der Abfolge. Für die Rezeption zumindest von James McMillans Trompetenkonzert und Edward Elgars Streicherserenade müßte man den Begriff der „Leichtfälligkeit“ oder gar Überbekömmlichkeit noch erfinden. Dass MacMillans Concertino „Seraph“ (Engel) erst im letzten Jahr uraufgeführt wurde, mochte man bei all den süffigen Kantilenen und postromantischen Streicherflächen gar nicht glauben. Alison Balsom erledigte dennoch pflichtgemäß ihre solistischen Aufgaben im Gewusel der Stilkopien – dass ein bedeutungsloser Triller das Konzert abschloss, wirkte nicht einmal als Effekt sondern bloß als Karikatur einer Komposition, deren strikte Ästhetik der Gefälligkeit jeglichen Ausdruck erschlug.
Der Kürze dieses Werkes ist zu verdanken, dass Balsom noch genügend „Luft“ für ein zweites Solokonzert hatte. Das bekannte Trompetenkonzert Es-Dur von Joseph Haydn ist ein Geniestreich vor allem in der Effektivität der Mittel, was auch dazu geführt hat, dass das Thema des dritten Satzes heute von allen Dächern gepfiffen wird. Balsom zeigte hier erneut ihren schönen, perfekten, manchmal jedoch zu geradeaus geführten Ton. Sowohl MacMillan als auch Haydn gerieten vielleicht eine Spur zu akademisch, um wirklich mitreißend zu wirken. Trotz der exzellenten Begleitung des Kammerorchesters dominierte Balsoms Trompete im Raum derart, dass man vor allem im Tutti-Satz des Haydn-Konzertes nur noch ein Rauschen wahrnahm – ein rein akustisches Problem, das aber auch nicht zu ignorieren war. Man musste bis zur Zugabe warten, um mehr faszinierende Klangfarben von Alison Balsom zu erhaschen: die in schwindelnder Höhe samtweich angesetzte Bearbeitung des Flötenstücks „Syrinx“ von Claude Debussy zeigte die Künstlerin in völliger Verschmelzung mit ihrem Instrument.
Zu Beginn stahl das kleine, in der Frauenkirche schon bestens arrivierte kammerorchesterbasel fast der Solistin die Schau: die als Ouvertüre musizierte „Oxforder“ Sinfonie Nr. 92 G-Dur von Joseph Haydn geriet mustergültig und ausdrucksstark. Mit kompetenter Aufführungspraxis (Naturhörner und -trompeten) und mit feinem Sinn für die Ecken und Kanten dieses vor Synkopen und Vorhalten strotzenden Werkes überzeugte die Interpretation, die – wie das gesamte Konzert – von der Konzertmeisterin Yuki Kasai geleitet wurde. Das war eine famose Leistung des Zusammenspiels, welche in den weiteren Werken nicht mehr ganz die Einzigartigkeit des Beginns erreichte.
Alexander Keuk
CD-Tipp: Alison Balsom: „Kings and Queens“, Musik von Henry Purcell und Georg Friedrich Händel / EMI
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