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Gerüstet für die Zukunft

KlangNetz Dresden macht sich stark für die Musik der Gegenwart

Vier Jahre lang, von 2008 bis 2011 war das KlangNetz Dresden eines von fünfzehn Förderprojekten des „Netzwerk Neue Musik“, einer Einrichtung der Kulturstiftung des Bundes. In Dresden – neben Berlin übrigens der einzige ostdeutsche Standort eines Netzwerk-Projektes – konnte so in der engen Zusammenarbeit verschiedener kultureller Institutionen der Stadt eine lebendige und vor allem nun gut vernetzte Neue-Musik-Szene etabliert werden. Als Netz-Zentrum und dauerhafter Partner fungierte die Hochschule für Musik – der Musikwissenschaftler Prof. Jörn Peter Hiekel, an der Hochschule Leiter des Institutes für Neue Musik, war federführend bei der Initiierung des Projektes und betreut das KlangNetz Dresden nun auch auf seinem Weg in die Selbständigkeit.

Mit der finanziellen Vier-Jahres-Förderung wurde, so Hiekel, nicht nur unter einen Schirm gestellt, was ohnehin stattgefunden hätte. Von KlangNetz Dresden aus wurden neue Initiativen begründet, die – dem Sinne des Netzwerkes entsprechend – Vermittlung, Kooperation und Öffentlichkeitsresonanz in den Focus stellten. Neben der schlichten Darstellung und Aufführung von Gegenwartsmusik konnten so neue Formate erprobt werden, die schnell auch vom Konzertpublikum angenommen wurden: das „KlangNetz-Ensemble“ vereint Musiker der Dresdner Philharmonie und Studenten der Hochschule, die Konzertreihe „Short Concert“ an der Musikhochschule bietet in knappem zeitlichen Rahmen eine intensive, originelle Betrachtung zu einem klar umrissenen musikalischen Thema. Der Dresdner Kammerchor wiederum initiierte als Partner des KlangNetz Dresden bereits zweimal eine „Internationale Chorwerkstatt“, deren Teilnehmer aktuelle Vokalliteratur in Vorträgen, Proben und Workshops kennenlernen können.

Auch die „hehre“ Kultur der Stadt beteiligte sich willig an der Netzwerkarbeit: der jeweilige „Capell Compositeur“ (Mundry, Lang, Saunders, Staud) der Sächsischen Staatskapelle war nicht nur auf dem Papier tituliert, sondern war leibhaftig in Porträts, Podiumsgesprächen und in den Kapellkonzerten erlebbar. Und mit der Dresdner Philharmonie wurde eine “Erste Anhörung” genannte Workshop-Reihe mit Studenten-Kompositionen etabliert. Das bundesweite Projekt des Netzwerk Neue Musik ist nun beendet, doch statt einer versiegenden Gießkanne ist für die meisten Teilnehmer das Bild der wachsenden Kinderschuhe hoffentlich realistischer – von vornherein waren alle 15 Projekte auf Zukunftsfähigkeit angelegt.

Wer also in diesen vier Jahren gelernt hat, zeitgenössische Musik auf einem zeitgemäßen Level der Organisation und mit einem gerüttelt Maß an kreativen Ideen darzubieten, hat gute Chancen, dass die Neue Musik nicht nur ihren Stellenwert behält, sondern Neugier und Verantwortung beflügelt. In Dresden scheint dies nicht nur durch den Enthusiasmus, mit dem die Teilnehmer aktuell zu Werke gehen, sehr realistisch. Hiekel sieht das KlangNetz nicht nur als kontinuierlichen Spiegel der Gegenwart mit der auch weit über die Musik hinaus gehenden Frage des „Wo stehen wir eigentlich?“, sondern beförderte gemeinsam mit den Partnern eine neue Strukturierung.

Im November 2012 wurde die Fortsetzung der begonnenen Projekte durch die Gründung eines gemmeinützigen Vereins gleichen Namens besiegelt. Die Runde der Teilnehmer im bestehenden KlangNetz liest sich wie ein whoiswho der Dresdner Musikkultur: Musikhochschule, Dresdner Philharmonie, Europäisches Zentrum der Künste Hellerau, AuditivVokal, Sinfonietta Dresden, Dresdner Kammerchor, elole-Klaviertrio und die Kammerensembles „Courage“ und „el Perro Andaluz“. Mit Prof. Matthias Drude ist der Vorsitzende des Sächsischen Komponistenverbandes „im Boot“, Veranstalter wie die Blaue Fabrik und das Leonhardi-Museum bekunden ihr Engagement und werden der Musik ebenso wie die Hochschule für Musik einen passenden Klangrahmen verschaffen.

Mit der Anerkennung des Vereins als An-Institut der Hochschule für Musik ist nicht nur der administrative Knotenpunkt in der Hochschule verortet, sondern in kontinuierlicher Zusammenarbeit die intensive Förderung des musikalischen Nachwuchses angestrebt. Die Auflistung zeigt, welche Synergien künftig zwischen Musikschaffenden, Interpreten und Rezipienten möglich sind.

An Ideen für die nähere und weitere Zukunft mangelt es beim KlangNetz keinesfalls: Jörn Peter Hiekel freut sich bereits auf ein großes Projekt im Herbst in Zusammenarbeit mit dem Institut Francais, und langfristig will man eine eigene KlangNetz-Konzertreihe aufbauen, um der aktuellen Musik einen festen, wiederkehrenden Hörplatz zu ermöglichen. Schon am 27. März kann man wieder in das KlangNetz hineinhorchen: ein weiteres „Short Concert“ widmet sich dann der Beziehung zwischen den Schriftstellern Marina Zwetajewa und Rainer Maria Rilke, bei der sogar Dresdens Weißer Hirsch eine Rolle spielt…

(23.3.2013)

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Veröffentlicht in Rezensionen

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