Mozart, Voigtländer und Lachenmann im Hochschul-KlangNetz-Konzert
Am Sonntag fand im Konzertsaal der Hochschule das vom KlangNetz Dresden veranstaltete zweite Konzert der Reihe „Einstürzende Mauern“ statt. Diesmal erweiterte sich der Besetzungsrahmen auf Werke der Chorsinfonik. Doch die Fortführung des an sich spannenden Gedankens, bezugnehmend auf den Mauerfall vor 25 Jahren die Musik dieser Zeit und ihre Voraussetzungen und Wirkungen zu beleuchten, kam bei diesem Konzert nicht gut zur Wirkung. Das lag vor allem daran, dass mit einer Dirigierprüfung, einer Stipendienverleihung – das Weber-Stipendium ging diesmal an die Pianisten Hyesu Lee und Eva Schaumkell sowie den Komponisten Nicolas Kuhn – und dem Semesterkonzert des Hochschulchores obligate Termine des Institutes mit dieser Reihe verquickt wurden.
Damit musste ein über zweieinhalb Stunden dauerndes Programm verdaut werden, dessen Dramaturgie das Motto der KlangNetz-Reihe nicht wirklich in den Vordergrund der Hörerlebnisse rückte. Andererseits ist man natürlich dankbar dafür, dass die Dresdner Musikhochschule die Musik der Gegenwart in den letzten Jahren sehr selbstverständlich in alle Elemente des Studienablaufes integriert. Im ersten Teil lauschte man aber zunächst der großen Missa in c-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart – ein Meisterwerk ohne Frage, aber die Interpretation mit dem sehr stark besetzten Chor (Einstudierung Olaf Katzer) war nicht durchweg überzeugend, da Johannes Dasch am Dirigentenpult die Musik zumeist recht geradlinig formte und trotz vieler schöner Momente – zu denen auch das Solistenquartett mit Romy Petrick, Anna Immonen, Martin Rieck und Martin Schicketanz beitrug – Kontraste und Motivausdeutung nicht intensiv genug wirkten.
Aufführungspraktische Fragen wurden da kaum berührt und der Chor wirkte oft schlicht zu massiv und bunt besetzt – die Schwierigkeiten des immer neu zu startenden Semesterprojektes „Hochschulchor“ mögen einleuchtend sein, für den Zuhörer waren sie diesmal im Ergebnis nicht befriedigend. Die Messe sollte einen Widerpart zum zweiten Programmteil mit Lothar Voigtländers „MenschenZeit“-Oratorium bilden. Beide Werke erstrahlen aber in solch starker eigener Kraft, dass sie eigentlich gar nicht nebeneinander programmiert werden dürften – warum hat man sich nicht auf eines der Werke konzentriert?
Dazwischen lag ein mit Helmut Lachenmanns „Notturno“ für kleines Orchester mit Cello Solo (Solist: Gilbert Bernado Roig) quasi ein Intermezzo, das trotz ansprechender Interpretation in seiner Ästhetik der „musique concrète instrumentale“ etwas verloren für sich stand und es mit diesen „Schwergewichten“ kaum aufnehmen konnte. Voigtländers 2007 von der Singakademie Dresden uraufgeführtes Oratorium darf man, wenn nicht als geistliches, so doch zumindest als herausragendes geistiges Werk betrachten, setzen sich doch Komponist und Autor (Eugène Guillevic) hier mit der Wahrnehmung, den Widersprüchen und Vergänglichkeiten der Zeit auseinander. Ein großes, sofort philosophische und humanistische Tiefen berührendes Thema also, für das Voigtländer eine direkte, packende musikalische Ansprache wählte.
In einer Art poetischen Unruhe werden da immer neue emotionale Stürme entfacht – trotzdem gelingt ein Festhalten im Zuhören, da der 1943 geborene Komponist in diesem Trubel die Großform fast als sicheren Ort der Zuflucht im Blick behält und somit verschiedene Sichtweisen durchhörbar bleiben. Ekkehard Klemm wahrte vom Pult aus die Übersicht – in einer manchmal doch die Lautstärkegrenzen des Saales sprengenden Darstellung konnte er sich auf die engagiert mitgehenden studentischen Ensembles ebenso verlassen wie auf ein souverän sprechendes, singendes und auch schreiendes Solistenquartett – neben Julia Böhme, Falk Hoffmann und Carl Thiemt überzeugte vor allem die Sopranistin Romy Petrick, die als Gast einzige auch noch die Doppelaufgabe mit der ebenso ansprechend ausgeführten Mozart-Solopartie auf sich nahm – diese Leistung war außergewöhnlich.
Kommentaren