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Jugendlicher Streicherklang ertönt in 16 Bundesländern

Deutsche Streicherphilharmonie beginnt ihre Tournee im Kulturpalast

Seit über 40 Jahren spielen jugendliche Musikerinnen und Musiker in der Deutschen Streicherphilharmonie in jährlich mehreren Projektphasen zusammen. Einst war es eine ostdeutsche Institution, doch nach der Wende wurde schnell der Wert eines Jugendorchesters als reines Streicherensemble erkannt, und nunmehr ist es eine gesamtdeutsche Erfolgsgeschichte unter der Trägerschaft des Verbandes deutscher Musikschulen. Davon möchte das Orchester in diesem Jahr an die Bundesrepublik etwas zurückgeben, und so entschloss man sich unter dem Motto „30 Jahre Deutsche Einheit“ zu Tourneen durch alle 16 Bundesländer mit sage und schreibe 27 Konzerten.

Die finden natürlich nicht alle hintereinander statt – sonst würde sich manch Jugendliche(r) am Ende noch gegen das Saiteninstrument entscheiden – sondern über das Jahr verteilt und mit wechselnden Programmen. Eröffnet wurde das Tourneeprojekt am Freitagabend mit einem Konzert im Dresdner Kulturpalast. Das hatte einen besonderen Grund, denn die Deutsche Streicherphilharmonie ist nicht nur durch ehemalige oder aktuelle Mitglieder mit Dresden verbunden, sondern auch über ihre Dirigenten. Nachdem in früheren Zeiten Jörg-Peter Weigle das Ensemble leitete, prägte es Michael Sanderling über zehn Jahre, bevor es der Konzertmeister der Dresdner Philharmonie Wolfgang Hentrich, als Dirigent übernommen hat.

Zudem hat Marek Janowski, Chefdirigent der Dresdner Philharmonie, das Ensemble seit Jahren als Mentor aktiv unterstützt und leitete mehrfach Proben und Projektphasen – eine wertvolle Erfahrung für die jungen Instrumentalisten, aus den Händen eines so beschlagenen Dirigenten wichtige Empfehlungen für das gemeinsame Musizieren zu erhalten. Janowski sprach am Freitag auch ein Grußwort und betonte sowohl den hohen Anspruch des Ensembles, der im Gelingen unbedingt auch ein Glücksgefühl hervorrufe wie auch die Notwendigkeit, bereits vor einem Studium im besonderen Ensemble des Streicherapparates die musikalischen Sinne zu schärfen. Sein abschließendes „Und nun strengt euch mal an!“ seiner kurzen Rede war ebenso freundlich und bestimmt gemeint, ein gute Aufforderung für ein gemeinsames Anpacken des wahrlich nicht einfachen Programms im Kulturpalast.

Und da lag als erstes gleich eine Uraufführung auf den Notenpulten, die aber sorgsam vorbereitet war und somit gleich in schöner Klanglichkeit die Zuhörer begeisterte. Mit „Poco insanimus“ (übertragen etwa „mit etwas Verrücktheit“) von Dietrich Zöllner nehmen die jungen Musiker einen weiteren Dresdner Gruß mit auf die Reise: Zöllner ist als Instrumentalist, Arrangeur und Musiklehrer in Dresden tätig und zeigte mit dem neuen Werk seine facettenreiche Musiksprache, die Tonalität und eingängige Motivik ebenso einschließt wie überraschende improvisatorische Abschnitte oder einen plötzlichen Gesang des ganzen Ensembles. Dieses Singen, hier nun wieder auf dem Streichinstrument, ist auch Gustav Mahlers berühmten „Adagietto“ zu eigen, das aber ganz andere Forderungen in der Klangdichte stellt. Wolfgang Hentrich unterstützte die Jugendlichen hier gut, trotzdem war bei dieser Premiere des gesamten Programms eine gewisse, sicher mit der Geläufigkeit der Konzerte bald überwundene Zaghaftigkeit auf der Bühne mit anwesend.

Sehr staunen konnte man aber über die Homogenität der Stimmgruppen, und interessant wäre zu wissen gewesen, was dieses Stück den jungen Musikern erzählt hat – für viele von ihnen dürfte es ja eine erste aktive Annäherung gewesen sein. Mit dem Violinkonzert C-Dur von Joseph Haydn stellte sich der 23-jährige US-Amerikaner Stephen Waarts vor, der mit eindringlichem wie schlanken Ton seiner Geige und kluger Stimmführung in dem noch am italienischen Gusto der Zeit orientierten Stück überzeugte – mehr als mit seiner etwas uneinheitlich gespielten Bach-Zugabe. Nach der Pause stand die rund halbstündige Streicherserenade von Antoín Dvořák auf dem Programm. Hier spielte die Deutsche Streicherphilharmonie vor allem in den mittleren Sätzen mit tollem Schwung und Hentrich konnte den leichten Puls der Musik und das Spiel mit Rhythmen und Akzenten fast mühelos befördern. Dafür gab es so viel starken Applaus, dass das Ensemble sich mit einem markant musizierten Satz aus dem Concerto Grosso von Karl Jenkins bedankte. Und nun: Gute Reise!

Fotos (c) Björn Kadenbach

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