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Ein wahrer Musikschatz

Zum Abschluss der 14. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch musiziert das ukrainische Mriya Quartett am 25. Juni Werke von Komponisten aus seiner bedrohten Heimat sowie das Klavierquintett von Robert Schumann. Das ukrainische Wort „Mriya“ bedeutet „Traum“ und steht hier für ein Musizieren jenseits des Krieges und des damit verbundenen Elends. Alexander Keuk sprach mit dem Manager und künstlerischen Leiter von „Mriya“, Lev Kucher.

Das ukrainische Mriya-Quartett gastiert zum ersten Mal bei den Schostakowitsch-Tagen. Hinter Mriya, was auf deutsch „Traum“ bedeutet, steht ein besonderes Projekt. Wie ist es entstanden?

Lev Kucher: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind immer mehr Musikerinnen und Musiker aus der Ukraine geflüchtet, viele von ihnen leben nun in Deutschland. „Mriya“ ist ein Projekt, sie zu vernetzen und ihnen hier Auftrittsmöglichkeiten zu geben – ich kümmere mich als Manager darum, dieses Netzwerk aus hervorragenden ukrainischen Musikern zu pflegen, so dass sie auch untereinander und miteinander Musik machen können oder auch Musikvermittlung und Unterricht nachgehen können. Es gibt auch ein „Mriya“-Orchester mittlerweile.

Sie leben schon einige Jahre in Deutschland und kennen daher die deutsche Musiklandschaft gut – wie sind die ukrainischen Musiker aufgenommen worden?

Lev Kucher: Wir freuen uns, dass wir eine starke Unterstützung erhalten haben, es gab nicht nur Spenden und Benefizkonzerte, es gibt auch wichtige Orte der Begegnung. Wir dürfen unsere Erfahrungen teilen, und müssen uns doch an einem fremden Ort neu erfinden. Wir sind sehr dankbar, wie wir hier willkommen geheißen wurden.

Durch diese Unterstützung – wie auch beispielsweise nun bei den Schostakowitsch-Tagen auftreten zu können, ist es Ihnen auch möglich, die reiche Kultur der Ukraine lebendig zu halten und „klingend“ zu pflegen, kann man das so sagen?

Lev Kucher: Ja, und es ist erstaunlich, dass wir hier auch einen Raum erhalten haben, unsere reiche Musik zu zeigen – die Ukraine hatte immer schon viele Komponisten, auch bedeutende Filmmusiker, wunderbare Maler und Dichter. Und das Niveau der Musiker ist sehr hoch – hier wirkt auch der europäische Gedanke. Viele unserer Musiker waren in den vergangenen Jahren im Ausland, haben sich dort ausgebildet und das Wissen der Welt in die Ukraine gebracht, es ist ein hoher, offener kultureller Geist.

Es ist ein wahrer Musikschatz, der in diesem einem Konzert präsentiert wird, und doch kennt man die Namen der Komponisten kaum – bringen Sie uns einmal ihre Tonschöpfer näher!

Lev Kucher: Vasil Barvinsky ist einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, er war Professor in Lemberg, wurde aber 1948 vom sowjetischen Regime als Volksfeind denunziert und verhaftet. Während seines Arrestes verbrannten viele seiner Werke oder wurden vernichtet, er hat sie später aus dem Gedächtnis versucht zu rekonstruieren. So auch das Streichquartett, das wir in Gohrisch spielen. Die „Melodie“ von Myroslav Skoryk ist sehr bekannt in der Ukraine, Skoryk war ein unglaublich produktiver und auch innovativer Komponist. Vitaliy Hubarenko schrieb auch Filmmusik, er ist sicher der unbekannteste dieser Komponisten und verdient entdeckt zu werden.

Gibt es auch eine Nähe zu Schostakowitsch?

 Lev Kucher: Ich glaube, die Nähe stellt sich nicht so sehr stilistisch dar, aber natürlich war damals vieles im öffentlichen Musikleben sehr verbunden. Was viele ukrainische Komponisten auch mit Schostakowitsch vereint, sind die Themen der Musik und die Verwurzelung in der Heimat – auch Schostakowitsch hat immer Gesänge und Volksmusik eingebunden, genauso wie wir unsere eigene ukrainische Musik wertschätzen und weitertragen.

Das Schumann-Quintett ist in seiner Lebendigkeit sicher ein Ausdruck für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft – kann man damit umschreiben, welchen Wunsch Sie an die Zukunft formulieren?

Lev Kucher: Im Moment sind wir sehr in einem Gefühl der Unverständlichkeit. Wir fragen: welchen Preis muss die Ukraine noch bezahlen, damit dieser Krieg aufhört? Die Zahl der Opfer steigt jeden Tag. Es ist einfach nicht zu fassen, dass im 21. Jahrhundert so ein Krieg auf der Welt geschieht. Wir werden weiterspielen, das ist unser Leben, damit die Kultur unseres Landes erhalten und lebendig bleibt.

  • 25. Juni, 15 Uhr Konzertscheune Gohrisch, Abschlusskonzert der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch, Mriya Quartett und Kateryna Titova, Klavier
    Es erklingen Kammermusikwerke von Vasil Barvinsky, Vitaly Hubarenko, Myroslav Skoryk und Robert Schumann

 

 


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Veröffentlicht in Dresden Features

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