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Neue Klanginseln

Die Turntable-Künstlerin Shiva Feshareki trifft die Geigerin Sabine Akiko Ahrendt in Hellerau

In manchen Crossover-Spielarten der Künste kann es gefährlich sein, mit zu offenen Karten zu spielen. Die Rahmenbedingungen sind ja immer schnell geklärt: Djing im klassischen Bereich und Violine mit allerhand elektronischem Spielzeug dazu. Haben wir alles schon gehabt. Doch entscheidend ist, wer da auf wen trifft und wie der musikalische Funke Neues gebiert oder eben auch nicht. In der Annäherung und Entfernung von überdies selten festgelegten Grenzen liegt die spannende Dynamik solcher Abende, und Hellerau ist natürlich der richtige Ort für ein Aufeinandertreffen von Sabine Akiko Ahrendt, der Geigerin vom Kölner „Ensemble Garage“ auf Shiva Feshareiki, eine derzeit hoch gehandelte britisch-iranische Künstlerin, die als Komponistin, Radio-DJ und Turntable-Künstlerin vor allem in London das Publikum in Clubs und bei Performances begeistert, aber auch 2018 bei den berühmten „Proms“ in der Royal Albert Hall an der Rekonstruktion und Wiederuraufführung eines Pionierwerks im Bereich Orchester und Live-Elektronik, „Still Point“ von Daphne Oram beteiligt war.

Shiva Feshareki

Die beiden Musikerinnen trafen in Hellerau vor dem gemeinsamen Projekt überhaupt erstmals aufeinander und Feshareki gab ihr Deutschland-Debüt auf Einladung der Konzertreihe „Frau Musica Nova“ in Köln, die Komponistinnen und Interpretinnen der zeitgenössischen Musik fördert und seit 1997 im Deutschlandfunk aufgeführt und produziert wird.  So erlebten die Dresdner am Freitagabend also eine Uraufführung und gleichzeitig eine Art Pre-Release. Anhand des knapp über eine Stunde dauernden Sets konnte man sehr gut verfolgen, wo Ahrendt und Feshareki sich bereits gefunden hatten, wenn überhaupt dies eine Absicht ihres Tuns gewesen ist. Zunächst einmal hieß es für die Zuhörer, sich behutsam auf diese neuartige, wie zwei doch zu Beginn sehr unvereinbare Säulen nebeneinander stehende und doch jede für sich sehr konsequent angegangene Kunstform einzulassen.

Denn – und das war gleichzeitig das sich langsam herausschälende Rezept für den innovativen Abend – das Geheimnis lag wirklich in den kleinsten, minimalen Impulsen, in einem Gefühl von Zeit und Raum, das sich noch nicht einmal in einem Lageplan oder einer Ablaufabsicht zeigen muss. Das kann schnell ins Chaos münden, wenn man auch gerade selbst eine impulsive Schiene „fährt“, doch diese Sackgasse fuhren die beiden Musikerinnen gar nicht erst an. Klassisch-minimal ist Fesharekis Aufbau: zwei Decks, Effekt-Pad und Sound-Echo genügen, der Rest ist Virtuosität und man spürte sofort ihre Konzentration und Sicherheit mit diesem Instrument, denn sie hat einen feinen Sinn für Zeit und fast skulpturaler Formung eines Momentes. Hier ging es auch spürbar weniger bissig zu als in Fesharekis Solo-Sets, die sie in ihrer eigenen Radioshow „New Sounds“ beim Sender NTS vorstellt – der Forscheraspekt mit Ahrendts ebenso experimentellen Geigenklängen von nebenan war fühlbar.

Shiva Feshareki und Akiko Ahrendt

Spannende Momente bot der Abend vor allem im letzten Drittel des Sets und immer wieder in kleinen Delays oder Loops, die von Ahrendt mit großer Spannung des musikalischen Bogens und einer immer aus dem ganzen Körper heraus wirkenden Musikaktion gestaltet wurden. Höhepunkte lagen jedoch oft in der Sanftheit eines einzelnen Tons oder auch in einem an Johann Sebastian Bach angelehnten harmonischen Schimmer, der aber so vergänglich wie der Nebel auf der kargen Bühne war. Eine für den Zuhörer deutlich präsentere Soundlandschaft, die auch Surround im großen Saal vertragen hätte, wäre sicher spannend gewesen, hätte aber vermutlich die Intimität zu sehr in Frage gestellt. Am Ende hatte man das schöne Gefühl, mit den beiden Frauen eine neue Klanginsel betreten zu haben, mit aller Vorsicht eines hier doch am Ende harmonisch-respektvollen Versuchs, aber der zählt im Experiment, mit dessen Erfahrung beide Interpreten, gemeinsam oder in ihren nächsten Soloprojekten die nächsten Schritte gehen werden.

Fotos (c) Peter R. Fiebig

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